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USA

9. Feber 2011 / 08:34 Uhr

Evolutionstheorie in der Türkei und in den USA

SchimpanseIn den USA kommt es regelmäßig zu politischen Debatten über die Entstehung der Welt. Strenggläubige Christen lehnen die Evolutionstheorie ab und beharren auf der Schöpfungslehre – entsprechend wollen sie diese auch im Schulunterricht verankert sehen. Europas Medien pflegen diese Diskussionen mit einem milden Lächeln zu begleiten. Ganz nach dem Motto: „Die Amis waren noch nie die Hellsten.“ Und es wird reichlich geschrieben über die hinterwäldlerischen Bestrebungen, auch wenn sie nur ein Bezirksgericht im hintersten Eck der USA beschäftigen.

Schimpanse

Schimpanse

Die Abstammung des Menschen vom Affen sorgt bei religiösen Menschen
für Unbehagen. In der Türkei darf die Evolutionstheorie nicht gelehrt werden.
Foto: Joachim S. Müller / flickr

Weniger hämisch, sondern ganz und gar objektiv fallen die Presseberichte aus, wenn er um die Evolutionstheorie und ihren Stellenwert in der Türkei geht. Darwins Lehrer geht nämlich nicht nur strengen Christen, sondern auch strengen Mulimen gegen den Strich. Weil man dort von der Freiheit der Wissenschaft allerdings weniger hält als in den USA, wurde in der türkischen Hauptstadt Ankara ein Grundschullehrer von der Schulbehörde verwarnt, weil er den Schülern einer fünften Klasse die Evolutionstheorie erläutert hatte. Die Mutter eines Buben hatte sich beschwert. Der Lehrer, der seit 14 Jahren unterrichtet, beschrieb auf die Frage eines Schülers, ob es richtig sei, dass der Mensch vom Affen abstamme, die Darwin’sche Evolutionslehre. Er erklärte, dass diese in der modernen Biologie anerkannt sei, von strenggläubigen Christen und Muslimen aber angezweifelt und bekämpft werde.

Die Lehrergewerkschaft steht auf der Seite des verwarnten Pädagogen: „Wir wollen Schüler, die alles hinterfragen, und gleichzeitig verwarnen wir Lehrer, nur weil sie die Grenzen des Curriculums überschreiten.“ Der Lehrer habe nicht Darwins Theorie gelehrt, sondern nur auf eine Frage geantwortet, sagt die Gewerkschaftsvorsitzende. Selbst aus ihren – zur Unerstützung gedachten – Worten lernen wir also: Die Evolutionstheorie liegt außerhalb des Lehrplans, man darf sie bestenfalls erwähnen, wenn man danach gefragt wird.

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Für die Gewerkschaft ist das Vorgehen ein Anzeichen für die schleichende Islamisierung des türkischen Bildungswesens und eine langsame Aushöhlung des säkularisierten Staats. Er zeige einmal mehr den „Konflikt zwischen jenen, die religiöse Grundsätze im Bildungswesen verankern wollen, und jenen, die sich auf die Wissenschaft verlassen.“ Was sind dagegen die aus Europa arrogant belächelten Diskussionen in den USA? Da geht es bestenfalls darum, ob die Schöpfungslehre neben der Evolutionstheorie im Schulunterricht erwähnt werden darf.
 

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