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10. September 2012 / 05:00 Uhr

Wie Österreichs Linke das Bundesheer abschaffen wollte

Als am Ende der ungeliebten ÖVP-Alleinregierung unter Bundeskanzler Josef Klaus (1966 bis 1970) in Österreich ein politisches Machtvakuum entstand, wurde auch an das österreichische Bundesheer „politisch Hand angelegt“. 15 Jahre nach dem Staatsvertrag wollte die politische Linke in Österreich das Heer vollkommen abschaffen. Rund um die 68er-Bewegung bildete sich aus Altkommunisten, SPÖ-Linken und sogenannten „Linkskatholiken“ eine Bewegung für ein „Anti-Bundesheer-Volksbegehren“. Damals mit dabei waren etwa der SPÖ-Linke Günther Nenning, später Mitbegründer der Grünen, oder auch Wilfried Daim, ein Linksverbinder aus dem katholischen Cartellverband. Dazu kamen sogenannte Künstler und Intellektuelle. Publizistisch tat sich bereits damals Anton Pelinka in der katholischen Furche hervor. Die SPÖ nutzte die Anti-Bundesheer-Stimmung in den Wahlgängen 1970 und 1971 mit ihrem Slogan „Sechs Monate Wehrdienst sind genug, um unter der bundesheer-kritischen Jugend zu punkten.

Österreichs Linke machte gegen „verhasstes Bundesheer“ mobil

Die Linke machte damals gegen das „verhasste Bundesheer“ mit vier Forderungspunkten mobil, die unter anderem eine Auflösung des Bundesheers, die Gründung einer Organisation für „gewaltlosen Widerstand“, die Überführung der Kadersoldaten in die Gendarmerie und eine Konsultationsklausel in Richtung Staatsvertragsmächten umfasste. Interessant ist, dass auch eine eigene Grenzschutzeinheit für politische Krisen in Nachbarländern geschaffen werden sollte. Die Krise rund um den Aufstand der Bevölkerung in der Tschechoslowakei 1968 und deren Niederschlagung durch die Sowjets war noch zu frisch in den Köpfen der Bevölkerung. Die einzelnen Punkte im Wortlaut:

1. Auflösung des Bundesheeres, bei gleichzeitiger Erklärung, daß Österreich nicht bereit ist, in einem möglichen Krieg militärisch zu kämpfen.
2. Schaffung einer Organisation von Freiwilligen, die bereit sind, im Falle einer Besetzung Österreichs durch ausländische Verbände gewaltlosen Widerstand zu leisten.
3. Überführung des Stammpersonals des österreichischen Bundesheeres zur Gendarmerie, Bildung einer speziellen Einheit mit spezieller Ausrüstung, die die sekundären Zwecke des Bundesheeres (verstärkter Grenzschutz bei politischen Krisen in Nachbarländern, Katastrophenhilfe} zu erfüllen imstande ist.
4. Vor Durchführung der Punkte 1 bis 3 ist bei den Signatarmächten des österreichischen Staatsvertrages auf diplomatischen Wege anzufragen, ob sie in der Abschaffung des österreichischen Bundesheeres einen Bruch des Staatsvertrages oder der österreichischen Neutralitätsverpflichtung sehen würden."

SPÖ setzte Verkürzung des Wehrdienstes durch

Die Kampagne gestaltete sich allerdings zäh. Insgesamt kamen in drei Jahren nur rund 28.000 Unterschriften zusammen. Die damals notwendigen 30.000 Unterschriften für die Einleitung eines Volksbegehrens wurden niemals erreicht. Diese Unterschriften lagerten in den Redaktionsräumen der linken Zeitschrift Neues Forum von SPÖ-Parteimitglied Günther Nenning. Nach der Etablierung der SPÖ-Alleinregierung unter Bruno Kreisky schliefen die Aktivitäten der Volksbegehren-Betreiber überraschend schnell ein. Eine Bundesheer-Reformkommission stellte die Wehrpflicht auf sechs Monate um, Nenning durfte als roter Präsident der Journalistengewerkschaft auf die Unterstützung seiner Heimatpartei hoffen und die Unterschriften verschwanden irgendwann einmal im Wirrwarr der Redaktion des Neuen Forum.

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