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24. September 2012 / 04:00 Uhr

Afghanische Armee wirbt um Verständnis für US-Soldaten

Gestern haben wir über die zahlreichen tödlichen Angriffe auf US- und NATO-Soldaten in Afghanistan durch vermeintlich befreundete afghanische Truppen berichtet. Um den aufgetretenen Problemen zu entgegnen, hat die afghanische Armee einen 28 Seiten starken Leitfaden erstellt und in 5000 Exemplaren drucken lassen.

"Sie legen ihre Füße auf die Tische, schneuzen sich in aller Öffentlichkeit und kommen nackt aus der Dusche" – Der Leitfaden der afghanischen Armee, der über die befremdlichen Verhaltensweise der "Ausländer" aufklärt, soll dazu beitragen, die Anzahl der häufig tödlichen Zwischenfälle zu verringern, die durch den "Zusammenprall der Kulturen" ausgelöst werden, berichtet die belgische Zeitung La Libre.

„Missverständnisse“ enden oft tödlich

Nachdem sie Ende 2001 die Herrschaft der Taliban gestürzt hatte, ist die NATO-Koalition nach mehr als zehn Jahren Präsenz in Afghanistan immer noch mit der Tatsache konfrontiert, dass es mit den afghanischen Sicherheitskräften häufig zu "Missverständnissen" kommt. Diese kulturellen Unterschiede haben in einem von Gewalt beherrschten Land, das drei Jahrzehnte des Konflikts erlebt hat, für die westlichen Soldaten mitunter auch tragische Folgen. Im Januar beispielsweise endete ein Volleyball-Match zwischen Westlern und Afghanen mit einem Blutbad.

"In Afghanistan werden viele Auseinandersetzungen mit Waffengewalt geregelt", erklärte Generalleutnant James Terry, der Chef des Joint Command der ISAF, der in Afghanistan stationierten NATO-Streitkräfte.

45 Soldaten durch eigene Verbündete getötet

Etwa 45 Soldaten der ISAF wurden im Jahr 2012 von afghanischen Polizisten oder Soldaten getötet. Die Afghanen stehen in regelmäßigem Kontakt mit den ausländischen Soldaten, da es zu den Aufgaben der NATO-Mission gehört, die afghanische Armee und Polizei auszubilden. Einem Viertel dieser Tötungsfälle lagen "persönliche" oder "kulturelle" Motive zugrunde, erklärte James Terry.

Um den aufgetretenen Problemen zu entgegnen, hat die afghanische Armee einen 28 Seiten starken Leitfaden erstellt und in 5000 Exemplaren drucken lassen; dieses "Handbuch für das kulturelle Verständnis der Koalitionstruppen" wurde – offenbar zur Beschwichtigung der Gemüter – mit zahlreichen Fotos von lächelnden afghanischen und ausländischen Soldaten versehen. Es heißt darin, dass "auch kleinere kulturelle Unterschiede bereits Anlass zu Reibungen und Missverständnissen geben können".

„Gehe eine Zeitlang weg, bis sich die Lage beruhigt hat!“

"Wenn ein Koalitionssoldat an jemanden vorbeigeht, der betet, ohne dies zu bemerken (was vom Betenden als Verachtung interpretiert wird) oder seine Füße so auf den Tisch legt, dass er damit auf andere im Raum Anwesende hindeutet (was ebenfalls als ein Ausdruck der Verachtung gilt) … so möge das nicht falsch verstanden werden", rät der Leitfaden. Die ausländischen Soldaten könnten Fragen nach den Frauen in euren Familie stellen oder Fotos von ihnen sehen wollen", warnt der Führer. "Seht das nicht als Beleidigung oder Demütigung an, denn die Soldaten wollen einfach nur nett sein." Dem Leser wird empfohlen, in diesem Fall darauf hinzuweisen, dass man "in Afghanistan nicht mit anderen über Familienangelegenheiten spricht, welche sich auf die Frauen beziehen".

"Bekanntlich putzt man sich in Afghanistan in Gegenwart anderer nicht die Nase, während diese Praxis in den Ländern der Koalition durchaus üblich ist", erläutert der Leitfaden weiters. "Nimm es daher nicht übel, wenn ein Koalitionssoldat in deiner Gegenwart schneuzt." Ein weiterer guter Ratschlag: "Wenn dir dein Kollege von der ISAF auf die Nerven geht, gehe eine Zeitlang weg, bis sich die Lage wieder beruhigt hat."

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