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8. Juni 2010 / 06:54 Uhr

Aufruhr um Roma-Hochzeit in Wels

Eine Roma-Hochzeit auf dem Welser Messegelände sorgt für Aufruhr in der oberösterreichischen Stadt. Von 2. bis 6. Juni kampierten Roma mit fast hundert Wohnwagen auf dem Gelände der Welser Messe, in den zwei Nächten vor dem 6. Juni wurde intensiv bei viel Alkohol gefeiert. In der Nacht von Freitag auf Samstag musste schließlich die Polizei einschreiten, nachdem die extreme Lärmbelästigung Bürgerproteste hervorgerufen hatte.

Roma Wels Reinigung Volksgarten MagistratIn Internetforen wurde von massiven Geschwindigkeitsübertretungen berichtet, von einem Hydranten sei Wasser abgezweigt worden. Am Wochenende musste sogar der nahe gelegene Volksgarten aus hygienischen Gründen gesperrt werden, da er zu einer riesigen Toilette zweckentfremdet worden war, obwohl laut Angaben der Roma selbst alle Wohnwägen über WCs verfügten. Ein Journalist der Oberösterreichischen Nachrichten, der die Szenerie fotografieren wollte, wurde sofort von mehreren Roma „zur Rede gestellt“. (Der entsprechende Teil eines Artikels der Oberösterreichischen Nachrichten wurde in der Zwischenzeit aus dem Internetauftritt der Zeitung entfernt.) Einen offiziellen Ansprechpartner hatten die etwa 500 Roma der Stadt gegenüber nicht benannt. Wieso die Hochzeit in Wels stattfand, obwohl die Anwesenden mehrheitlich aus Straßburg waren, konnte nicht recherchiert werden.

Bürgermeister will keine Roma mehr auf Messegelände

Durch diese gravierenden Missstände konnte nun sogar Bürgermeister Peter Koits, SPÖ, der sich im Vorjahr nach massiven Stimmverlusten nur denkbar knapp als Bürgermeister gegen FP-Herausforderer Wieser behaupten konnte, zum Handeln veranlasst werden. Um derartige Umtriebe künftig zu verhindern, soll das Messegelände nicht mehr den Roma zur Verfügung gestellt werden. Die Stadtverwaltung entschuldigte sich sogar bei den Welsern für die Unannehmlichkeiten (siehe Foto).

Probleme auch in Freiburg im Breisgau

Während die Roma Wels am Wochenende wieder verließen, steht die deutsche Stadt Freiburg im Breisgau vor ganz anderen Herausforderungen. Nach dem Kosovo–Krieg kamen mehrere hundert Roma als Flüchtlinge nach Freiburg; 2006, sieben Jahre nach dem Krieg – das Kosovo steht unter UN–Verwaltung – beschloss der Freiburger Stadtrat eine Resolution, in der er sich für ein Bleiberecht der Roma aussprach. „Der Gemeinderat der Stadt Freiburg stellt sich schützend vor die verfolgten Minderheiten der Roma, Ashkali und Ägypter, die in unserer Stadt Zuflucht gefunden haben und nun von Abschiebung bedroht sind“ heißt es dort.

Während die BRD im April 2010 ein Rücknahmeabkommen mit dem Kosovo aushandelte, um die Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zu bringen, kamen in Freiburg seit Jänner dieses Jahres 140 neue Roma dazu, sodass nun etwa 850 Roma dort leben. Dass die Freiburger Resolution zur dieser Situation beigetragen hätte, wollen die Stadtväter indes nicht zugeben. Auch dass Taschengeld in bar weitere Zuzügler angelockt haben könnte, halten die Verantwortlichen für „wenig wahrscheinlich“. Immerhin endete der plötzliche Zustrom, seit die Roma eine Chipkarte zum Einkaufen erhalten und kein Bargeld mehr. Sicher ist aber, dass die Reiseerleichterungen für Serbien, das seit Dezember 2009 Mitglied des Schengen-Raums ist, die vermehrte Reisetätigkeit dieser Roma erst ermöglicht hat.

Freiburg ruft um Hilfe – Land lehnt ab

Resolution hin oder her, den Verantwortlichen scheint die Situation inzwischen über den Kopf zu wachsen; der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon bat nun das Land Baden–Württemberg um Hilfe. Immerhin belaufen sich die Aufwendungen allein für die 140 jüngst Gekommenen auf eine Million Euro. Auch die Quartiere sind entsprechend knapp geworden. Auf die Aufforderung, die Roma auf das ganze Bundesland aufzuteilen, reagierte der baden–württembergische Innenminister ablehnend. Da die Roma keine Ausweise vorweisen könnten, seien sie illegale Ausländer, die von Gesetz wegen dort bleiben müssten, wo sie aufgetaucht seien. Außerdem sieht man dort Freiburg selbst verantwortlich für den Ansturm: „Eine gewisse Wirkung kann man der Resolution des Gemeinderats zu den Roma nicht absprechen.“

Europäische Union übersieht die Probleme der Bürger und Gemeinden

Derartige Probleme der Bürger und Gemeinden berühren die Europäische Union allerdings wenig. „Die Roma-Gemeinschaft ist heute die größte ethnische Minderheit in der EU. Maßnahmen zur Förderung der Gleichbehandlung der Roma sind aus diesem Grund für die Europäische Union von besonderer Bedeutung. Die EU ergreift Maßnahmen, um Roma, Zigeuner und Gemeinschaften von Fahrenden zu unterstützen“ kann man auf der Internetseite der Kommission lesen.

(Foto auf der Startseite: © Norbert Schnitzler)

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