Demokratisch, kritisch, polemisch und selbstverständlich parteilich

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25. Oktober 2012 / 12:57 Uhr

Zur Zeit: Das Duell um Amerika

Am 6. November wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Das Rennen bleibt bis zum Schluss spannend, aber fest steht, dass die Vereinigten Staaten ihre Hegemonialpolitik fortsetzen werden. Denn Demokraten wie Republikaner sind der Überzeugung, es sei die „offenkundige Bestimmung“ der USA, die Welt zu führen. So hat Obama die Kriegspolitik George W. Bushs faktisch fortgeführt, und Romney will in die Fußstapfen der „Neocons“ treten. Bernhard Tomaschitz analysiert in der aktuellen Ausgabe des Wochenmagazins Zur Zeit vor allem die außenpolitischen Positionen der beiden Kontrahenten. Unzensuriert.at bringt vorab Auszüge des Artikels. Zur Zeit erscheint immer am Freitag, die Ausgabe der Vorwoche kann als E-Paper kostenlos gelesen werden.

Der US-Wahlkampf bleibt bis zum Wahltag am 6. November spannend. Der republikanische Herausforderer Mitt Romney konnte die erste von drei Fernsehdebatte für sich entscheiden, und Präsident Barack Obama die zweite. In landesweiten Meinungsumfragen liegen die beiden Kopf an Kopf, und einmal mehr werden die „Swingstates“, also jene Bundesstaaten, die einmal demokratisch und das andere Mal republikanisch wählen, den Ausschlag geben.

Aber anders als vor vier Jahren, als Obama mit seiner Forderung nach „change“ (Wandel) die Massen geradezu elektrisierte, wirkt der frühere Senator aus Illinois diesmal manchmal müde. Die Gesundheitsreform, die er nach langem und zähem Ringen durchbrachte und die sein innenpolitisch größter Erfolg ist, hat viel Kraft gekostet, und Obamas Sozialpolitik insgesamt hat die Kluft zwischen den politischen Lagern nach der Präsidentschaft seines Vorgängers George W. Bush noch weiter vertieft. Den Republikanern und insbesondere der „Tea-Party“-Bewegung gilt er als „Sozialist“ (in den USA ein Schimpfwort), der einen Wohlfahrtsstaat nach europäischem Vorbild einführen will.

Mehr „gezielte Tötungen“ unter Obama als unter Bush

Während Obama innenpolitisch also durchaus Erfolge verbuchen kann, ist außenpolitisch wenig von „change“ zu bemerken. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass er 2009 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Obama führt – wenn auch im Auftreten freundlicher und verbindlicher als sein Vorgänger – die imperialistische Politik George W. Bushs fort. So macht die einflussreiche US-Denkfabrik „Council on Foreign Relations“ bei der Gegenüberstellung der beiden Präsidentschaftskandidaten auf folgenden Aspekt aufmerksam: „Eine Politik zur Terrorbekämpfung aus der Bush-Ära, die von der Obama-Regierung signifikant ausgeweitet wurde, ist die umstrittene Praxis der gezielten Tötungen, oftmals durch Angriffe mit Drohnen. Das Pentagon und die CIA haben Angriffe mit Drohnen in höherer Anzahl angewendet als in den Jahren zuvor, und zwar sowohl als Teil von Kampfeinsätzen in Afghanistan und im Irak, als auch bei Operationen zur Terrorbekämpfung in Pakistan, Jemen und Somalia.“

Gezielte Tötungen“ – hinter diesem beschönigenden Begriff verbirgt sich nichts anderes als staatlich angeordneter Mord. Und zwar ohne Gerichtsprozeß und ohne Verteidigungsrechte für den Angeklagten, wie er in Demokratie zu den rechtsstaatlichen Standards zählt. Der bekannteste Fall einer „gezielten Tötung“ in Obamas erster Amtszeit war jene des Terroristen Osama bin Laden durch eine US-Sondereinheit am 2. Mail 201 in der pakistanischen Stadt Abbottabad.

Wenig übriggeblieben ist auch von Obamas Versprechen von vor vier Jahren, als er einen „Neuanfang“ in den Beziehungen zur islamischen Welt ankündigte. Zwar sorgen heute im Irak (mit tatkräftiger Unterstützung US-amerikanischer „Berater“ und „Ausbilder“) die irakischen Sicherheitskräfte für Ordnung im Land und 2014 soll es zu einem Abzug der Truppen aus Afghanistan kommen, aber im Gegenzug gerieten andere islamische Staaten ins Visier Washingtons. Jack A. Smith, ein ehemaliger Herausgeber der US-amerikanischen Zeitschrift Guardian, merkt kritisch an: „Obamas Außen- und Militärpolitik kam faktisch einer Fortsetzung des weltweiten Kriegs gegen den Terrorismus von George W. Bush unter einem anderem Namen gleich. Er weitete Bushs Kriege in Pakistan, Jemen, Somalia, Libyen und anderswo aus (…), und erhöhte den Militärhaushalt.“ Beim NATO-Luftkrieg gegen Libyen zum Sturz des Langzeitmachthabers Muammar al-Gaddafi leisteten die USA insbesondere Frankreich und Großbritannien logistische Hilfe, und in Syrien unterstützt Washington gemeinsam mit Saudi-Arabien und den kleinen arabischen Golfstaaten die Rebellen, um auch in Damaskus einen „Regimewechsel“ herbeizuführen.

Demokraten setzen auf Diplomatie, Republikaner auf Militärmacht

Obwohl Obama wie ein Kriegspräsident handelt, wird ihm von den Republikanern Führungsschwäche vorgeworfen. Dabei sind sich die beiden großen Parteien darin einig, dass es die „offenkundige Bestimmung“ der Vereinigten Staaten sei, die Welt zu führen. Unterschiede bestehen nur in der Frage, wie dieses Ziel zu erreichen sei. Während die Demokraten eher auf „weiche Macht“, also vor allem auf Diplomatie und die Anziehungskraft der USA setzen,  sind die Republikaner schneller bereit, die Kriegsmaschinerie in Gang zu setzen. So fordert Mitt Romney, die USA dem Iran im Streit um sein Atomwaffenprogramm zu verstehen gehen, dass eine militärische Option „sehr real und sehr glaubwürdig“ sei. Die Botschaft, die der Republikaner im Falle seiner Wahl an Teheran senden will, sollte „nicht aus Worten, sondern aus Taten“ bestehen. Dabei fordert den Aufbau einer Drohkulisse durch Wiederherstellung einer regulären Präsenz mit Flugzeugträgern sowohl im Mittelmeer als auch im Persischen Golf.

An Romneys außenpolitischem Programm fällt auf, dass es zutiefst von neokonservativen Glaubenssätzen durchdrungen ist. Bereits das Motto „An American Century“ („Ein amerikanisches Jahrhundert“) lässt Erinnerungen an das „Project for the New American Century“ („Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert – PNAC) wach werden. Das PNAC war eine Denkfabrik, die von 1997 bis 2009 bestanden hat und die lautstark die Außenpolitik Bill Clintons kritisierte und statt dessen die Rückkehr zu einer „Reaganschen Außenpolitik der militärischen Stärke und moralischen Klarheit“ sowie eine drastische Erhöhung der Verteidigungsausgaben forderte, damit die USA in die Lage versetzt werden, überall auf der Welt ihre Vorstellungen von Demokratie und Marktwirtschaft durchzusetzen. 1998 forderte das PNAC in einem offenen Brief an Präsident Clinton den Sturz des irakischen Machthabers Saddam Hussein, weil dieser Massenvernichtungswaffen besitze.

Romney sieht USA als Garant für den Weltfrieden

Heute, zwölf Jahre später, kommt Romney zu dem Schluss, dass „amerikanische Militärmacht entscheidend für die Wahrung unserer eigenen Sicherheit und den Frieden in der Welt ist“. Und ein „schwaches Amerika, ein Amerika im Niedergang, ein Amerika, das vor seinen Verantwortlichkeiten zurückweicht, würde nicht nur zu einem Zeitalter der Unsicherheit und der Gefahr für die Vereinigten Staaten, sondern auch für alle jene auf der Welt, die an diesen Grund der Freiheit glauben, führen“. Zudem werden die USA als die größte Macht der Welt bestrebt sein, „die internationale Richtung vorzugeben und ein berechenbares Wirtschafts- und Sicherheitsumfeld zu schaffen“.

Außerdem im neuen Zur-Zeit-Magazin zum Schwerpunktthema US-Wahl: ein Interview mit dem USA-Experten und Buchautor Univ.-Prof. Dr Klaus Schwabe, ein Gastkommentar des außen- und euopapolitischen Sprechers der FPÖ,  Johannes Hübner. Weitere Themen:

  • Kampf um die Wehrpflicht
  • Interview mit dem Zweiten Präsidenten des Wiener Landtags, Johann Herzog, zum Thema:  „Besudelung der Kriegsgeneration ist Kulturschande!“
  • Islamzentren sind Zentren der Parallelgesellschaft
  • Der gescheiterte Revoluzzer – vor 45 Jahren fand Erneste „Che“ Guevara sein unrühmliches Ende
     

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