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1. November 2012 / 19:17 Uhr

Grob verschätzt: Hauptbahnhof wird doppelt so teuer

In Wien versickert das Geld der Steuerzahler so, als wäre es abgeschafft. Schuld daran sind die Kostenexplosionen bei Großprojekten wie jetzt beim Hauptbahnhof. Ja, es ist ein handfester politischer Skandal, wenn der Umbau des ehemaligen Südbahnhofs zum Hauptbahnhof Wien statt ursprünglich 420 Millionen plötzlich eine Milliarde Euro kostet. Personelle Konsequenzen gibt es natürlich keine!

Es scheint so etwas wie eine österreichische Tradition zu sein, dass Bauprojekte im Lauf ihrer Entstehung immer teurer werden. Das dürfte bei kleineren Projekten nicht anders sein als bei großen. So stiegen die Kosten für die Renovierung der U6-Station Josefstadt von drei auf mittlerweile zehn Millionen Euro um mehr als das Dreifache. Auch der Flughafen-Terminal Skylink kostete letzten Endes das Doppelte und bescherte den Steuerzahlern einen Schaden von angeblich 500 Millionen Euro. Der Umbau des Parlaments reiht sich nahtlos in diese Misswirtschaft ein: Von 17 Millionen ging man vor einigen Jahren aus, jetzt werden die Kosten auf 300 Millionen Euro taxiert, könnten sich aber bis auf eine halbe Milliarde auswachsen. Nicht anders ist die Situation beim Bau des neuen Krankenhauses in Wien-Floridsdorf, des SMZ-Nord, wo der zuerst errechnete Preis schon in der Planungsphase um 250 Millionen Euro überschritten wurde.

Projektleiter nennt auch Schlechtwetter als Kostenfaktor

Der gelernte Österreicher weiß inzwischen, dass anscheinend jeder öffentliche Auftrag zum finanziellen Desaster gerät. Handelt es sich um Fehlplanung oder Korruption? Vermutlich ist beides im Spiel. Aber es ist wahrscheinlich auch die Feigheit der Politiker, die bei der Bevölkerung gerne mit falschen Zahlen für ein Großprojekt werben. Die 420 Millionen Euro für den Hauptbahnhof waren laut Experten von Beginn an ohne jeglichen Bezug zur Realität. Da wurde etwa vergessen, die Umsatzsteuer dazuzurechnen, und da wurde auf die Inflation vergessen. Einfach vergessen? Unglaublich! Selbst bei den ÖBB wäre genug Sachverstand vorhanden, um realistische Zahlen auf den Tisch zu legen.

In der Tageszeitung Die Presse nennt der Projektleiter des Hauptbahnhofes Wien, Karl-Johann Hartig, Zahlen: 120 Millionen wären demnach durch die stärkere Inflation verursacht, 60 Millionen durch falsche Schätzungen(!), unerwartete Erschwernisse und Schlechtwetter.

Pleiten, Pech und Pannen auf dem Hauptbahnhof

Abgesehen von den Kosten, die sich mehr als verdoppelt haben, gibt es eine lange die Liste von Pannen, die ebenfalls in der Presse nachzulesen sind. So wurde die historische Chance, eine der gravierendsten Fehlplanungen der Stadt zu beheben, nicht genützt: Die U1 wurde aus unerfindlichen Gründen nicht direkt an den Bahnhof angebunden und verhungert weiter fast hundert Meter vor dem Bahnhofsgebäude. Diese Lücke sollte nach ursprünglichem Plan durch eine Standseilbahn (Cable Liner) geschlossen werden. Doch die prognostizierten Kosten von 30 Millionen explodierten in der Planungsphase auf mehr als 50 Millionen Euro – damit war das Projekt gestorben. Einen Anschluss an die U2 bei einer Verlängerung der Linie vom Karlsplatz Richtung Süden verhinderte der damalige Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SPÖ), obwohl der Rechnungshof eindeutig zu einem anderen Ergebnis kam: Sein Bericht kam einer Vernichtung der planerischen Kompetenz der Stadt gleich. Dort wurde trocken festgehalten: Der Hauptbahnhof verfügt über keinen U-Bahn-Anschluss – was bei einem Neubau völlig unverständlich sei.

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