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17. Feber 2013 / 20:01 Uhr

Erdogan mit Brechstange an österreichischer EU-Hintertür

1963, also vor 50 Jahren, und 1980 wurden zwischen der Türkei und der EG Assoziationsabkommen unterzeichnet, die seit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 auch hierzulande türkischen Arbeitnehmern Vorteile bringen. Die “privilegierte Partnerschaft”, von der man oft als Alternative zu einer türkischen Vollmitgliedschaft hört, besteht also bereits. Abgesehen von dieser gibt es aber noch ein gegenseitiges Freizügigkeitsabkommen zwischen Österreich und der Türkei aus dem Jahre 1924, auf das Erdogan jetzt pocht, was zwischen Ankara und Wien einen Disput um die Gültigkeit des Vertrages auslöste. Auch nicht untypisch: Ins Rollen gebracht wurde die Causa durch einen österreichischen Asyl-Anwalt, der die Türkei bestärkt.

Atatürk schloss Abkommen mit deutschsprachigen Staaten

Die von Kemal Atatürk gegründete Türkische Republik wurde 1923 auf zwei Säulen errichtet: türkischer Nationalismus und völlige Verdrängung des Islams aus der Politik. Sultanat (türkisches Kaisertum) und Kalifat (gesamtislamisches Papsttum) wurden abgeschafft. Atatürk verordnete mittels zahlreicher Reformen seinem Staatsvolk eine Rosskur in Richtung Europäisierung. Er sprach gut Deutsch und hatte einen Hang zu den Staaten dieser Kulturgemeinschaft. So kam es, dass mit dem Deutschen Reich, Österreich und der Schweiz (deren Bürgerliches Gesetzbuch er anstelle der Scharia übernommen hatte) Abkommen über gegenseitige Freizügigkeit abgeschlossen wurden. Die Vereinbarung zwischen der Türkei und Österreich wurde am 12. Juli 1924 unterzeichnet und am 23. Oktober 1924 im Parlament in Ankara ratifiziert.

Streit über Gültigkeit

Im Jahr 2002 erinnerte der Bregenzer Anwalt Wilfried Ludwig Weh die Türkei daran. Nun, da die Macht der Erdogan-Partei AKP gesichert ist, rüttelt der Ministerpräsident mit beiden Händen am Eingangstor zur EU, und das Abkommen wird wieder relevant: In ihrer Österreich-Online-Ausgabe berichtet die Erdogan-nahe türkische Tageszeitung Zaman über einen Streit zwischen Wien und Ankara über die Gültigkeit des Abkommens von 1924. Nach einer ersten Diskussion waren sich beide Seiten einig, dass die Türkei das Österreich des Jahres 1945 nicht als Nachfolger des Österreich des Jahres 1938 anerkannt hatte und manche bilaterale Abkommen 1959 neu bestätigt wurden, darunter aber nicht jenes von 1924. Ankara lässt jetzt allerdings doch nicht locker, weil Weh meint, dass es für die Aufhebung des Vertrages von 1924 eines Parlamentsbeschlusses bedurft hätte und auch das Abkommen von Schengen irrelevant sei. Weh gehört übrigens zu jener Gruppe von Anwälten in der Asylbranche, die ablehnende Asyl-Bescheide so oft beeinspruchen bis nach einigen Jahren das sogenannte humanitäre Bleiberecht zum Thema werden kann.

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