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12. Juli 2013 / 08:30 Uhr

Brasilien: Der Kampf der Bürger um das Notwendigste

Brasilien ist nicht nur eines der schönsten, sondern auch eines der größten Länder der Erde, immerhin an fünfter Stelle. Es ist ein in vielerlei Hinsicht reiches Land, trotzdem gibt es der Mängel mehr als genug. Im kommenden Jahr soll in Brasilien die Fußball-Weltmeisterschaft stattfinden, und 2016 lädt das Land zu den Olympischen Sommerspielen ein. Die aktuellen Unruhen sind nichts anderes als ein Spiegel der Realität eines Volkes, das um sein Recht auf das Notwendigste kämpft. Seit dem Ende der Militärdiktatur in den 1980er Jahren sind die jetzigen Proteste die größten ihrer Art. 

Proteste gegen massive Staatsausgaben bewegen Brasilien

In den größten Städten Brasiliens protestieren seit Juni 2013 Tausende Menschen, die ihre Empörung über die ungerechte Verteilung des Wohlstandes artikulieren. Die Proteste richten sich hauptsächlich gegen die massiven Ausgaben des Staates für Sportveranstaltungen und deren Infrastruktur. Die brasilianische Regierung investierte Milliarden in den Bau der größten und teuersten Stadien der Welt.

Diesen Unmut beweist am eindrucksvollsten einer der wichtigsten Auslöser der Protestwelle: die landesweite Erhöhung der Fahrpreise der öffentlichen Verkehrsmittel um 20 Centavos (umgerechnet ca. 0,8 Cent). Der für uns Europäer kaum vorstellbar kleine Beitrag ist für die Brasilianer nicht so bedeutungslos, wie es uns erscheinen mag, denn das monatliche Mindestgehalt eines durchschnittlichen Brasilianers beträgt bloß 678 Reais (etwa 234 Euro), die Lebenskosten sind jedoch sehr hoch. Diese 20 Centavos waren nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. 

Grundlegende Dinge fehlen im Land

In vielen Teilen Brasiliens müssen zum Beispiel heute noch Patienten einen absolut vermeidbaren Tod sterben, nur weil im Rahmen der medizinischen Versorgung immer wieder die grundlegenden Voraussetzungen fehlen. Die Brasilianer wünschen sich bessere Lebensbedingungen. Politik und Wirtschaft sollten mehr Wert auf bessere Bildung und Gesundheit legen, statt Milliarden in die Fußball-WM 2014 zu investieren.

Angesichts der eskalierenden Proteste brachte die brasilianische Regierung sogar die Armee in Stellung, die der Polizei, die die Lage oft nicht mehr unter Kontrolle hatte, Unterstützung gewähren soll. Laut Bevölkerung richten sich die Proteste nicht gegen die WM 2014, sondern ausschließlich gegen die Regierung, und es sei jetzt der passende Anlass, um die Weltöffentlichkeit auf all die Missstände des Landes aufmerksam zu machen. Jetzt sei der richtige Moment, um Veränderungen zu bewirken, um Dinge in Bewegung zu bringen. 

Weitere Aufrufe folgen

Seit Beginn der Proteste gab es zahllose Verletzte, fünf Menschen sind bisher ums Leben gekommen. Und das Ende der Protestwelle ist nicht abzusehen, via Facebook und Twitter werden Tag für Tag neue Aufrufe verbreitet. Als Reaktion auf die seit Wochen anhaltenden massiven Proteste schlug Präsidentin Dilma Rousseff eine Volksabstimmung zur Einberufung einer Verfassungsversammlung vor, um herauszufinden, wie die gewünschten Reformen des Systems nach dem Willen der brasilianischen Bevölkerung aussehen sollten. Konkret hat die Präsidentin dabei unter anderem umfassende Investitionen im Bereich des öffentlichen (Nah-)Verkehrs und der medizinischen Versorgung im Sinn.

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