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18. September 2013 / 08:59 Uhr

Küssen in U-Bahnen ist erlaubt, aber nicht zu “aufdringlich”

“Rücksicht hat Vorrang” heißt die neue Kampagne der Wiener Linien, um bei den Fahrgästen ihre Hausordnung in Erinnerung zu rufen. Doch um welche Hausordnung handelt es sich? Die Regeln sind verwirrend: Es gibt kein Essverbot, aber der Verzehr von stark riechenden Speisen in den Waggons ist “unangebracht”. Es gibt kein Küssverbot, doch für “aufdringliches” Küssen droht eine Strafe von 50 Euro drohen.

Wer stellt fest, ob es sich um stark riechende Speisen handelt oder ob jemand aufdringlich küsst? Es sind Mitarbeiter der Wiener Linien, die nun Spürnasen und Moralapostel sein sollen. Drei Wochen lang wollen sie so gegen die Verschmutzung in den Öffis vorgehen. Wer kein Einsehen hat, wird bestraft. Zu den Vergehen gehören auch zu lautes Telefonieren und zu lautes Musikhören sowie das Hinterlassen von Gegenständen. Die rund 200 Mitarbeiter sind im Kampagnenzeitraum wirklich gefordert: Allein die Fahrgäste, die ihre Gratiszeitungen an jeder U-Bahn-Station entnehmen und dann im Waggon liegen lassen, werden die Kontrolleure wahrscheinlich zum Wahnsinn treiben.

Widersprüchliche Aussagen

Dazu kommen noch widersprüchliche Aussagen zur Hausordnung. Während beim Essen einerseits darauf hingewiesen wird, dass “übelriechende Speisen”(?) in den Fahrzeugen der Wiener Linien nicht verzehrt werden dürfen, sagt andererseits die Pressesprecherin der Wiener Linien, Anna Maria Reich, gegenüber orf.at: “Es ist aber wichtig, dass es sich dabei um kein Ess- oder Küssverbot handelt. Der Konsum von Speisen ist erlaubt, außer die Fahrzeuge der Wiener Linien werden dabei beschmutzt.” Da soll sich noch einer auskennen.

Fahrgäste wollen generelles Essverbot

Viele fragen sich, warum es keine klaren Richtlinien gibt. Ein generelles Essverbot in den Öffis wäre längst überfällig. Den Fahrgästen stößt es auf, wenn zum Beispiel in der vollbesetzten U6 Kebabs und Leberkässemmeln verspeist werden und allein schon der Geruch für Übelkeit sorgt. Wenig verwunderlich, dass sich bei einer Umfrage der Wiener Linien vor einigen Jahren mehr als 70 Prozent der befragten Fahrgäste für ein Essverbot aussprachen. Statt Verboten kam aber eine Kampagne, die nichts brachte. Jetzt versucht man es wieder mit Plakaten und Slogans – geradlinige Regelungen aufzustellen traut man sich dort nicht.

Doch keine Strafe fürs Küssen

Wie die Tageszeitung Österreich berichtet, haben die Wiener Linien einen Tag nach Inkrafttreten der Kampagne verlautbart, doch keine Strafen für “aufdringliches” Küssen zu verhängen. Die Aufregung darüber war zu groß. Am ersten Kampagnentag gab es übrigens genau null Beanstandungen zum Thema Küssen, hingegen wurden 120 Fahrgäste abgemahnt, die mit Hund ohne Beißkorb oder Leine unterwegs waren.

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