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9. Jänner 2014 / 17:10 Uhr

ELGA weiterhin umstritten – Österreichs Hausärzte empfehlen den Ausstieg

Die “Elektronische Gesundheitsakte” – kurz ELGA – ist heftig umstritten. Hintergrund ist die Vernetzung gesundheitlicher Daten. Allerdings gibt es verfassungs- und datenschutzrechtliche Bedenken, abgesehen davon, dass ELGA in seiner derzeitigen Form technisch –  trotz hoher Kosten – vollkommen unausgereift ist. Seit Beginn dieses Jahres können Patienten aus ELGA aussteigen. Kritiker bemängeln allerdings das aufwendige Austrittsprozedere, abgesehen davon würde auf Menschen “Druck” ausgeübt, an ELGA weiter teilzunehmen. Der Österreichische Hausärzteverband hat nun eine Kampagne gestartet, mit der Patienten über ELGA aufgeklärt werden sollen. Auch wird informiert, wie man aus ELGA aussteigen kann.

ELGA-Befürworter erwarten sich durch eine Vernetzung eine Senkung der Kosten im Gesundheitsbereich. Allein im Zeitraum 2006 bis 2010 sieen die Gesundheitskosten von 26,3 Milliarden Euro auf 31,5 Milliarden angestiegen. Durch enorme Kommunikationsdefizite zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten entstünden Kosten, die man einsparen könnte. Genannt werden etwa unnötige Doppelbestrahlungen im Röntgenbereich.

ELGA funktioniert technisch nicht

In seiner derzeitigen Form allerdings scheitert ELGA schon an der Umsetzung. Hausärzte und Spitäler haben unterschiedliche Programme und speichern Befunde anders ab. Werden etwa schriftliche Dokumente als Foto-Datei oder eingescannt als PDF archiviert, ist eine schnelle Suchfunktion so gut wie unmöglich. Selbst die Archivierung der Daten dürfte für Ärzte zum bürokratischen Aufwand werden. Der zuständige Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) will offenbar erst 2018 das Programm optimieren – sofern er sich einverstanden erklärt. Patienten haben es also mit einem unfertigen Produkt zu tun, das auch noch extrem teuer ist.

ELGA wird zu “Milliardengrab”

Laut Medienberichten soll allein der laufende Betrieb von ELGA mindestens 150 Millionen Euro pro Jahr verschlingen. Unterschiedliche Zahlen kursieren, wieviel die Programmierung von ELGA bis dato gekostet hat und noch kosten wird. Sogar die Summe von einer Milliarde wurde genannt.

Zahlreiche datenschutzrechtliche Bedenken gibt es, abgesehen davon kann eine missbräuchliche Verwendung nicht ausgeschlossen werden. Kommt ein Patient mit einer falschen E-Card, werden Ärzte mit falschen Befunden in die Irre geführt. Auch eine Weitergabe der Daten an Dritte ist zu befürchten. Das Horrorszenario, dass Arbeitgeber Patienten-Daten erhalten könnte, steht ebenfalls in Diskussion. Ist ein Patient nicht sozialversichert bzw. hat er eine Privatversicherung, wird er von ELGA nicht einmal erfasst – soviel zur Zwei-Klassenmedizin.

Der Österreichische Hausärzteverband ist nicht grundsätzlich gegen eine Datenverwaltung. Sie müsse allerdings effizient sein und auf freiwilliger Basis arbeiten. ELGA-ähnliche Modelle gab es in der Schweiz, wo es scheiterte, aber auch in Dänemark, wo das Modell sich bewährt hat. Angeregt wird, dass nur die Hausärzte für den Patienten Einsicht nehmen dürfen und entsprechende Schritte einleiten.

Sozialversicherte haben derzeit die Möglichkeit via Internet (www.gesundheit.gv.at) oder über die Hotline 050/12 444 11 ein Widerspruchsformular zu beantragen. Die Hausärzteverband berichtet, dass über 20.000 Menschen aussteigen (Opt-Out) wollen. Minister Stöger selbst rechnet mit über 100.000. Kritisiert wird allerdings, dass versucht werde, die Opt-Out-Option zu verhindern. So würden angeblich Menschen am Telefon dazu bedrängt, von einem Opt-Out Abstand zu nehmen.

FPÖ ebenfalls für Opt-Out

Der freiheitliche Ärztesprecher Andreas Karlsböck unterstützt die Initiative des Hausärzteverbands und empfiehlt ebenfalls den ELGA-Ausstieg. Er fordert weiters eine deutliche Vereinfachung des Opt-Out. “Ein einfaches Schreiben an die Versicherung muss genügen, um sich abzumelden. Offenbar hat man aber bewusst Hürden eingebaut, weil man genau weiß, dass ELGA ein Mega-Flop ist”, so Karlsböck.

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