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6. Feber 2014 / 23:00 Uhr

Linksruck bei Wahlen in Costa Rica – Umfragen weit daneben

In Costa Rica bleibt nach der Präsidentschafts- und Parlamentswahl am 2. Februar kein Stein auf dem anderen. Alle Umfragen lagen meilenweit daneben und konnten das Kopf-an-Kopf-Rennen zweier Mitte-Links-Parteien nicht vorhersagen. Um das Präsidentenamt matchen sich der Historiker Luis Guillermo Solis von der Mitte-Links-Partei PAC, der 30,9 Prozent der Stimmen bekam, und der langjährige Bürgermeister der Hauptstadt San Jose, Johnny Arraya. Der Kandidat der regierenden Nationalen Befreiungspartei (PLN) kam auf 29,6 Prozent.

Das oberste Wahlgericht reagierte auf den knappen Ausgang mit der Anordnung, die Stimmen neu auszuzählen. Danach wird voraussichtlich am 6. April die Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten angesetzt. Der österreichische Honorarkonsul, Manfred Maurer, sagte gegenüber Unzensuriert.at, dass allgemein von einer Unterstützung für Luis Guillermo Solis (PAC) ausgegangen werde, da es eine große Abneigung gegen Johnny Arraya gebe. Arrayas Nachteil ist, dass er der Partei der vorigen, sehr unbeliebten Präsidentin Laura Chinchilla angehört. Sie wurde am 7. Februar 2010 zum Staatsoberhaupt gewählt, als erste Frau in der Geschichte Costa Ricas und als Kandidatin der sozialdemokratisch-liberalen Partido Liberación National (PLN). Ihre Popularität sank, als die wirtschaftliche Lage im Land schlechter wurde und nachdem die anderen Parteien die Korruption der Regierung anprangerten.

Korruption ist allgegenwärtig

Tatsächlich ist die Korruption allgegenwärtig. Dem Verfasser dieses Artikels, der kürzlich selbst das Land bereiste, wurde allerorts versichert, dass man bei Polizeistrafen unbedingt verhandeln solle. So könne etwa eine 200-Dollar-Strafe mit einem 100-Dollar-Schein in die Tasche des Polizisten beglichen werden. Ein berühmter Fußball-Nationalteamspieler, der nach seiner sportlichen Karriere Polizist wurde, sitzt allerdings wegen eines solchen Vergehens im Gefängnis. Die Touristen bekommen von all dem wenig mit. Ihnen wird Costa Rica als “Schweiz Lateinamerikas”, wo die glücklichsten Menschen der Welt leben, verkauft. Das Land ist neutral und zählt zu jenen 22 Staaten der Welt, die über keine stehende Armee mehr verfügen. In Costa Rica wurde das Militär ausgerechnet zu einer Zeit, nämlich 1949, abgeschafft, in der sich in den Nachbarstaaten – vor allem in Nicaragua – Bürgerkriege verschärften.

Unbewaffnete Neutralität

Costa Rica entwickelte sich gut, steckte das durch die unbewaffnete Neutralität freigesetzte Geld in den Aufbau des Bildungs- und Gesundheitswesens. Heute verdient ein durchschnittlicher Arbeiter 700 bis 900 Dollar im Monat, während die Menschen im benachbarten Nicaragua mit 200 bis 300 Dollar ihr Auslangen finden müssen. Doch die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich – die Korruption nahm zu. Also war zu erwarten, dass die Regierungspartei von Laura Chinchilla das Wahlergebnis von 2010, als noch 46,78 Prozent für sie stimmten, nicht mehr erreichen wird können. Jetzt liegt der Kandidat der PLN knapp an zweiter Stelle und er wird die Stichwahl wohl verlieren.

Umfrage-Institute irrten sich um 11 Prozent

Aber was ist schon sicher in Costa Rica? Die Umfragen jedenfalls nicht. Denn die hatten vorausgesagt, dass die Movimiento Libertario (MV), eine von Otto Guevara Guth geführte liberale Partei, auf 22 Prozent kommen würde. Mit elf Prozent wurde schließlich noch die Hälfte dessen erreicht, was Meinungsforscher herausgefunden haben wollten. Ebenso groß war die Überraschung, als 17 Prozent der Bürger die kommunistische Partei Frente Amplio wählten. Frente Amplio konnte auch im Parlament stark zulegen, hat statt bisher einen nun neun Abgeordnete. Die christlich-soziale Partei PUSC, früher eine der beiden großen Regierungsparteien des Landes, schrumpfte im Parlament auf elf Prozent und bekam bei der Präsidentenwahl nur noch sechs Prozent Zustimmung. Auch Honorarkonsul Manfred Maurer zeigte sich vom Ausgang der Wahl überrascht: “Bemerkenswert war, dass die Wähler ihre Stimmen gesplittet haben. Sie wählten beim Präsidenten anders als beim Parlament.”

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