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26. Mai 2014 / 10:25 Uhr

Chaos und Kostensteigerungen beim Milliardenprojekt Krankenhaus Wien-Nord

Fehlplanungen, Misswirtschaft, Kostenexplosionen. Warum hört man immer wieder von den gleichen Entwicklungen, wenn die öffentliche Hand Projekte finanziert? Schon vor fünfzehn Jahren wunderte sich ein ÖVP-Bezirksrat in Wien-Donaustadt, warum eine WC-Anlage in einer Pflichtschule genauso viel kostet wie ein Einfamilienhaus. Das hat sich bis heute nicht geändert. Sobald die öffentliche Hand (Staat oder Gemeinde) als Bauträger aufscheint, explodieren die Preise ins Uferlose. Das jüngste Beispiel in Wien: Beim Krankenhaus Wien-Nord in Floridsdorf zeigen interne Papiere, die die Tageszeitung Die Presse veröffentlichte, dass es beim Milliardenprojekt Chaos und Kostensteigerung gibt. Außerdem verzögert sich die Eröffnung.

Der gelernte Wiener ist wenig überrascht, reiht sich das Spitalsprojekt in der Brünner Straße doch wie ein Glied in die Kette von handfesten politischen Skandalen. So hat man sich schon beim Hauptbahnhof Wien grob verschätzt. Der Umbau des Südbahnhofs zum Hauptbahnhof kostete statt ursprünglich 420 Millionen plötzlich eine Milliarde Euro. Grob verrechnet haben sich auch die Wiener Linien: Die Sanierung der U6-Station Josefstädter Straße wurde ursprünglich mit drei Millionen Euro beziffert. Ein Jahr später lagen die Kosten schon bei zehn Millionen – dem dreifachen Preis.

Unkritische Medien schreiben einfach die Rathauskorrespondenz ab

Wieso also, soll es beim Krankenhaus Wien-Nord anders sein? Es war schon verdächtig, als die Mainstream-Medien die Rathauskorrespondenz abschrieben und berichteten, dass das Spital auf der anderen Seite der Donau im Zeitplan liege (Vollbetrieb 2016) und die Kosten (825 Millionen Euro) eingehalten würden. Als Wiener Steuerzahler konnte man das einfach nicht glauben und siehe da: die Bombe platzte einige Tage später, als die Presse die Öffentlichkeit über die wahren Zustände informierte:

Die streng vertraulichen Papiere, die der “Presse” vorliegen, passen aber nicht zu diesen Aussagen. Sie zeichnen vielmehr ein Bild von chaotischen Zuständen, Fehlplanungen, Misswirtschaft und massiv steigenden Kosten. Ein Papier trägt den Titel “Zum Zustand des Projektes Krankenhaus Nord”. Darin wird die massive Kritik der Begleitenden Kontrolle (sie überwacht die Entwicklung des Projekts) schriftlich festgehalten: “Nach Einschätzung der Begleitenden Kontrolle ist aus heutiger Sicht nicht mehr sichergestellt, dass die Projektziele hinsichtlich der Termine eingehalten werden können. In Bezug auf die Kosten sind die Reserven bereits weitgehend aufgebraucht.” Im Klartext: Der Eröffnungstermin wird nicht halten, die finanzielle Reserve für Baukostenüberschreitungen sind bereits zwei Jahre vor der angepeilten Fertigstellung fast verbraucht.

Also doch! Wien bleibt seiner Tradition treu, und Projekte, die den Bürgern mit falschen Zahlen vorgegaukelt werden, sind am Ende immer viel, viel teurer. Beim Krankenhaus Wien-Nord fing das ganze Malheur ja schon beim Grundstückskauf an. Der Standard berichtete am 25. März 2010 über den 42-Millionen-Deal der Stadt:

Die mehr als 100.000 Quadratmeter an der Brünner Straße gehören den ÖBB. Eigentlich sah das angepeilte Public-Private-Partnership-Modell einen Fixpreis für Gebäude und Grundstück vor. Mitbieten durfte nur, wer eine entsprechende Fläche einbringen konnte. Das Areal an der Brünner Straße hat das Bieterkonsortium Porr/Siemens/Vamed organisiert; obwohl die Stadt nun selbst als Käufer auftritt, laufen die Verhandlungen laut Krankenanstaltenverbund weiter.

Schon beim Grundstückskauf war klar, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugehen würde. FPÖ-Gemeinderat David Lasar hielt es damals sogar eine Neuausschreibung des Projektes für notwendig. Die Grüne Sigrid Pilz fürchtete, dass sich die Stadt durch die Verhandlungen mit nur einem Bieter dem Konsortium ausliefere. Die Rechnung für all das wird nun dem Steuerzahler präsentiert, der wieder tief in die Tasche greifen muss, um das Fehlverhalten der Stadtverantwortlichen mit Geld auszugleichen.

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