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20. August 2014 / 19:00 Uhr

Amtsmissbrauch: Bezirksrichterin trotz Schuldspruch in Amt und Würden

Die Bürger im Waldviertel, Niederösterreich, sind verwundert. Die Zwettler Bezirksrichterin Bettina F. (48) ist in Amt und Würden, obwohl sie am 4. April dieses Jahres wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt wurde. So einfach verliert man den Job einer Richterin aber nicht: Erstens hat die Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung eingelegt, weshalb die Unschuldsvermutung gilt, zweitens gibt es genaue Bestimmungen, die einen Amtsverlust bei einer Verurteilung regeln.

In Zwettl, aber auch in Waidhofen/Thaya, wo diese Bezirksrichterin fallweise an den Amtstagen jeweils am Dienstag ihren Dienst versieht, dürfte die Dame nicht gerade beliebt sein. Sie gelte als unfreundlich und dominant, erzählt Barbara Fasching, FPÖ-Gemeinderätin in Dietmanns, die sich schon 2010 mit einer Beschwerde über die Richterin an das Oberlandesgericht Wien wandte, jedoch keine Antwort bekam. Dann die Hiobsbotschaft: Die 48-jährige Bezirksrichterin soll im Streben nach Beförderung ihr Amt missbraucht und den konkurrierenden Kollegen ausspioniert haben, um Gerichtsvorsteherin zu werden.

Kollegen angepatzt

Laut Bericht in den Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN) in der Woche 15/2014 habe sie versucht, ihren  37-jährigen Kollegen, der anstelle von ihr Gerichtsvorsteher in Zwettl wurde, anzuschwärzen. Es habe in Waldviertler Juristenkreisen die Runde gemacht, dass der Richterkollege sich in einem Zivilverfahren in Gmünd als Zeuge nicht korrekt verhalten habe. Um den Verdacht zu erhärten, der ihr vorgesetzte Kollege könnte Beteiligter einer strafbaren Handlung gewesen sein, habe sie sich im Justiz-EDV-System schlau gemacht und aus dem Protokoll des Zivilverfahrens einige Seiten ausgedruckt, schilderte die Juristin vor dem Schöffengericht Korneuburg.

Staatsanwaltschaft erhob Anklage

Die Staatsanwaltschaft sah in der “Daten-Nachschau” einen klaren Amtsmissbrauch und erhob Anklage. Bettina F. beteuerte ihre Unschuld: “Es war eine dienstrechtliche Notwendigkeit, um den Verdacht einer strafbaren Handlung abzuklären.” Sie räumte lediglich ein: “Vielleicht ein Dienstvergehen, aber strafrechtlich nicht relevant.” Auf die Frage von Strafrichterin Anna Wiesflecker, warum sie nicht gleich Anzeige erstattet habe, es sei ja schon der Verdacht ausreichend, erwiderte die Angeklagte: “Man kann einen Kollegen ohne sicheren Beweis nicht so einfach anzeigen. Der Dienstgeber hätte ja eigentlich Anzeige erstatten müssen – das ist jedoch bis dato nicht passiert.”

Diversionelle Erledigung abgelehnt

Der Schöffensenat befand Richterin Bettina F. nach einem umfangreichen Beweisverfahren für schuldig. Und nachdem die Angeklagte das Angebot einer diversionellen Erledigung ablehnte, verhängte der Schöffensenat über die Bezirksrichterin in Zwettl sieben Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Auf Nachfrage von unzensuriert.at im Gericht Korneuburg, teilte Pressesprecherin Christa Zemanek mit, dass das Urteil nicht rechtskräftig sei. Die Angeklagte habe Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erhoben, “zur Entscheidung darüber wurde der Akt dem Oberlandesgericht vorgelegt”. Es gelte nach wie vor die Unschuldsvermutung.

Auch bei Verurteilung weiter im Amt

Auf die Frage, bei welchem Urteil der Richterin der Amtsverlust drohe, verwies Zemanek auf Paragraf 27 des Strafgesetzbuches. Demnach ist bei einem Beamten der Verlust des Amtes verbunden, wenn

1. die verhängte Freiheitsstrafe ein Jahr übersteigt.
2. die nicht bedingte nachgesehene Freiheitsstrafe sechs Monate übersteigt oder
3. die Verurteilung auch oder ausschließlich wegen des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses (§ 212
StGB) erfolgt ist.

Zu einem möglichen Amtsverlust klar äußern wollte sich Christa Zemanek aber nicht. Genauso wenig ihr Kollege Richard Simsalik, Vizepräsident des Landesgerichts Krems und Leiter der Medienstelle. Simsalik verwies ebenfalls auf Paragrafen, diesmal auf den § 27 StGB und § 100 RStDG (Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz). Im Grunde stehen dort die gleichen Bestimmungen drin, wie im § 27 des Strafgesetzbuches. Demzufolge würde die Bezirksrichterin – sollte das Urteil bestätigt werden – wohl weiterhin ihr Amt ausüben dürfen.

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