Demokratisch, kritisch, polemisch und selbstverständlich parteilich

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9. November 2014 / 16:45 Uhr

Vilimsky: “Wir wollen eine demokratische Revolution in der EU!”

Harald Vilimsky ist seit der Wahl im Mai Mitglied im Europaparlament und leitet die vierköpfige FPÖ-Delegation. Im ersten Teil des Interviews mit Unzensuriert.at übte er heftige Kritik an der EU-Kommission und ihrem neuen Präsidenten Jean-Claude Juncker, der „eine der am meisten überschätzten Figuren Europas“ sei. Im zweiten Teil spricht Vilimsky über die Bemühungen, eine Fraktion der patriotischen Freiheitsparteien zu bilden, und über das Versagen der EU im Umgang mit dem sich ständig vergrößernden Strom von Asylanten.

Sie üben immer wieder harte Kritik an der Union und ihren Organen. Jetzt sind Sie selbst Teil davon. Wie geht das zusammen?
Vilimsky: Für die FPÖ war immer klar: Wir wollen konstruktiv mitreden und Europa von innen heraus verändern. Schmollend draußen stehen und vom Spielfeldrand aus hinein zu schimpfen nützt niemandem. Also engagieren wir uns aktiv im Europaparlament.
Wir wollen ganz bewusst nicht Teil dieses Systems sein, wir wollen eine demokratische Revolution, Europa seinen Bürger und gewählten Volksvertretungen zurückgeben. Ein redimensioniertes Europaparlament reicht völlig. Und wenn ich mich selbst einspare und wieder in Österreich Politiker sein kann, habe ich mein Ziel und alle meine Ziele erreicht.

Patriotische Parteien gehen unterschiedliche Wege

Mit der Gründung einer eigenen Fraktion hat es ja bisher noch nicht geklappt. Kann sich da noch etwas ändern?
Vilimsky: Wir würden uns natürlich sehr freuen, wenn das funktioniert. Tatsächlich sind die rechten, EU-kritischen und patriotischen Kräfte aber leider etwas zersplittert. Da gibt es einmal die konservative ECR-Fraktion, die Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie unter Führung des Briten Nigel Farage und die Fraktionslosen, zu denen derzeit wir Freiheitliche, aber auch der französische Front National, die italienische Lega Nord oder die holländische Partei für die Freiheit gehören.
Alle zusammen würden die drittstärkste Kraft im Europaparlament ergeben – nur knapp hinter den Sozialdemokraten. Das heißt: Die Rechte ist wirklich stark in Europa. Aber sie geht eben auch unterschiedliche Wege, was bei Bewegungen, die für Freiheit und Selbstverantwortung stehen, jetzt auch nicht allzu überraschend ist.
Ich habe mit Marine Le Pen, dem Holländer Marcel de Graaf, Matteo Salvini von der italienischen Lega Nord und Gerolf Annemans vom belgischen Vlaams Belang hier wunderbare Kollegen, mit denen wir gut und eng zusammenarbeiten.
Wie Sie wissen, braucht es aber für eine Fraktion 25 Abgeordnete aus sieben Mitgliedsstaaten. Die Anzahl der Abgeordneten wäre kein Problem, der Front National bringt allein schon 23. Aber unter den anderen Fraktionslosen hat sich eben bisher noch niemand gefunden, von dem wir glauben, dass eine konstruktive, stabile Zusammenarbeit auch möglich ist. Wir wollen ja nicht eine Fraktion um jeden Preis, sondern ein Bündnis, das erfolgreich gemeinsame Inhalte vertritt.

Wenn schon keine Fraktion, kann man künftig mit einer paneuropäischen Rechtspartei rechnen?
Vilimsky: Das ist denkbar. Wir arbeiten intensiv daran und sind hoffnungsfroh, dass uns das auch gelingt.

80 Prozent der Asylwerber sind nicht verfolgt

Eines der FPÖ-Kernthemen ist traditionell Einwanderung und Asyl. Wie sieht es damit auf europäischer Ebene aus?
Vilimsky: Dieses Thema wird tatsächlich immer drängender. Und wir werden uns hier natürlich auch auf europäischer Ebene einbringen. Es gibt einen rasanten Anstieg der Asylwerberzahlen. Dabei wissen wir aus den österreichischen Daten, dass rund 80 Prozent der Asylanträge negativ entschieden werden.

Woher stammen diese Zahlen?
Vilimsky: Aus der ganz normalen Asylstatistik des Innenministeriums, die jeder nachprüfen kann. Das heißt: Bei vier von fünf Personen liegt gar kein Asylgrund vor. Das sind nicht etwa willkürlich ausgewählte Daten aus einem kurzen Zeitraum, sondern das ist der Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Erschreckend eigentlich, dass das von Medien häufig ganz anders dargestellt wird.
Gleichzeitig sind die Außengrenzen löchrig, weil zu wenig passiert, um diese zu schützen. Illegale Migranten können – sind sie einmal in Europa – relativ beliebig von Land zu Land reisen, weil es ja im Schengen-Raum keine Grenzkontrollen mehr gibt. Und dann tauchen sie plötzlich in Ländern als Asylwerber auf, die aufgrund des Dublin-Übereinkommens gar nicht für sie zuständig wären. Österreich ist davon stark betroffen.

EGMR leistet dem Asylmissbrauch Vorschub

Was kann man Ihrer Meinung nach tun?
Vilimsky: Sie in das Land zurückzuschicken, wo sie erstmals den Boden der EU betreten haben, geht leider in vielen Fällen auch nicht. Nämlich wenn das nicht zweifelsfrei feststellbar ist, was natürlich von vielen ausgenutzt wird.
Und nun wird dem auch noch vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) Vorschub geleistet: Nach einem jüngsten Urteil darf man offenbar niemanden mehr in das EU-Land zurückschicken, aus dem er eingereist ist und das für seinen Asylantrag eigentlich zuständig wäre.
Wenn das Schule macht, dann geht der Strom von den Ländern an den EU-Außengrenzen in die Kernländer wie etwas Deutschland oder Österreich erst so richtig los. Dieser Entscheid hebelt womöglich die Dublin-Verordnung komplett aus. Eine absurde Situation.
Es gibt seitens der EU offenbar keinen klaren Willen mehr, Einwanderung zu kontrollieren. Und tatsächlich geht es hier um Einwanderung, wenn nur ein Fünftel auch einen Asylgrund nachweisen kann.
Australien zeigt vor, wie man es auch machen kann: “Keine Chance – Australien wird nicht eure Heimat“ macht dort die Regierung in einer Werbekampagne klar. Jedes Boot, das illegal in australische Gewässer eindringt, werde abgedrängt. Das ist eine klare Ansage an alle – insbesondere an skrupellose Menschenschmuggler, die mit der Not ein Vermögen verdienen.


Harald Vilimsky (48) ist seit 2006 Generalsekretär der FPÖ und seit 2014 Delegationsleiter der FPÖ im EU-Parlament. Davor saß er neun Jahre lang im österreichischen Parlament – ein Jahr im Bundesrat und acht Jahre im Nationalrat, wo er sich vor allem dem Thema Sicherheit widmete.

Vilimsky informiert auf Facebook und Twitter, auf der Webseite www.fpoe.eu sowie jeweils nach den Plenarwochen in einem E-Paper über die Arbeit der Freiheitlichen im EU-Parlament.

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