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4. Dezember 2014 / 11:30 Uhr

Hypo-Debakel: Im Polit-Krimi will keiner der Schuldige sein

“Der 350 Seiten starke Bericht der Hypo-Untersuchungskommission liest sich wie ein Krimi”, sagte Armin Wolf im Rahmen des Gesprächs mit der Vorsitzenden dieser Kommission, Höchstrichterin Irmgard Griss, in der ZIB 2 am 2. Dezember. Weiters meinte Wolf, dass die vermutlich Schuldigen, die Österreich das größte Finanzdebakel in der Zweiten Republik hinterließen, nicht mehr im Amt seien, also nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden könnten. Namentlich wurden die drei ÖVP-Finanzminister Josef Pröll, Maria Fekter und Michael Spindelegger genannt.

Pröll, Fekter und Spindelegger haben das sinkende Schiff “Koalitionsregierung” rechtzeitig verlassen. Pröll wurde hochdotierter Vorstandschef des Raiffeisen-Konzerns Leipnik-Lundenburger und niederösterreichischer Landesjägermeister. Als solcher schämt er sich nicht, gemeinsam mit dem früheren Raiffeisen-Boss Christian Konrad und Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly in einem Jagdgatter bei Kaumberg (NÖ) ein regelrechtes Gemetzel unter Wildscheinen angerichtet zu haben. Von Michael Spindelegger ist bekannt, dass er seit Mitte November Mitglied des Aufsichtsrates der Industriellenliegenschaftsverwaltung AG ist. Und Maria Fekter darf immer noch die Gage einer Nationalratsabgeordneten kassieren.

Faymann und Schieder noch im Amt

Den mutmaßlich Schuldigen der (nicht notwendigen) Notverstaatlichung der Hypo und der teuren Verschleppung bis zur Gründung einer Bad-Bank geht es also gut. Politische Verantwortung für das dilettantische Versagen können aber nicht nur Pröll, Fekter und Spindelegger zugeschrieben werden, da gibt es auch noch zwei sehr prominente Vertreter der SPÖ: Der heutige Klubobmann im Parlament, Andreas Schieder, war – als es unter Pröll zur Notverstaatlichung kam – Finanzstaatssekretär. Und als Kanzler fungierte schon damals Werner Faymann. In der ZIB 24 des 2. Dezember sagte Wirtschaftswissenschafter Gottfried Haber, dass die Politik mit dem Krisenmanagement allgemein überfordert gewesen sei. Das ist eine Untertreibung sondergleichen: Während die Bayerische Landesbank zu den Verhandlungen über die Notverstaatlichung mit einem Heer von Anwälten anreiste, verzichtete die österreichische Delegation – so bemerkte es auch Armin Wolf in der ZIB 2 – auf fachliche Beratung gänzlich.

Landeshaftungen gibt es überall

Einen Tag nach Veröffentlichung des Polit-Krimis durch die Höchstrichterin Irmgard Griss bemühen sich SPÖ und ÖVP um Schadensbegrenzung. Einmal mehr wird versucht, und das wieder mit tatkräftiger Unterstützung der von staatlichen Inseraten abhängigen Medien, einen einzigen Schuldigen auszumachen: den früheren Landeshauptmann von Kärnten, Jörg Haider. Dass dieser tot ist, macht die Sache für die “Verschwörer” einfacher. Er kann sich nicht mehr wehren. Ihm wird die Ursache des Debakels in die Schuhe geschoben, weil Haider die Landeshaftung für die Hypa Alpe Adria in Höhe von 20 Milliarden Euro zuließ – ebenso wie übrigens auch SPÖ und ÖVP im Kärntner Landtag.

So versucht man, das Volk weiter für dumm zu verkaufen und verschweigt, dass Landeshaftungen in Österreich gang und gäbe waren – bis die Europäische Kommission sie verbot. Die Presse hat diese Tatsache 2013 auch penibel genau aufgelistet und festgestellt, dass sieben Bundesländer Milliarden-Hafungen eingegangen sind. Nicht nur in Kärnten, sondern auch in Tirol und Vorarlberg überstiegen die Haftungen für die jeweilige Landesbank die Jahreseinnahmen des Bundeslandes bei Weitem.

Überforderte SPÖ-Finanzpolitiker

In diesem Zusammenhang spricht die SPÖ auch nicht gerne über die Wiener Situation. Als die stellvertretende Chefredakteurin des Kurier, Martina Salomon, aufdeckte, dass die Stadt Wien im Jahr 2001 für die Bank Austria mit unglaublichen 127 Milliarden Euro gehaftet haben soll und diese Haftung heute noch sieben Milliarden Euro ausmache, wurde dem Finanzsprecher der SPÖ, Kai Jan Krainer, in der ORF-Sendung “Im Zentrum” ganz schwindlig. Der vermutete zunächst – politisch ungeschickt -, dass es sich dabei um Schilling, nicht um Euro handle. Doch Salomon bestand auf die Euro-Zahlen: “Ich habe heute extra nochmals recherchiert”, betonte sie in dieser Sendung.

Das letzte Beispiel zeigt einmal mehr, wie überfordert SPÖ-Politiker bei Finanz- und Wirtschaftsfragen sind. Selbst der Finanzsprecher der Roten hat offenbar wenig Ahnung davon. Deshalb hat man sich bei den Genossen – und wohl auch bei der ÖVP – auf eine Formel geeinigt: An allem ist Jörg Haider schuld. Die Menschen lassen sich aber nicht mehr so einfach hinters Licht führen und wissen freilich, dass diese Landeshaftungen in Kärnten auch die SPÖ und die ÖVP mitgetragen haben.

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