In der Neuen Zürcher Zeitung wurde kürzlich eine Analyse der französischen Gesellschaft geschrieben und betrachtet, wie sie sich nach den islamistischen Terroranschlägen in Paris verändern müsste. Mark Lilla, Geisteswissenschaftler aus Amerika, warnt vor dem in Europa üblichen Ignorieren der Probleme.
Radikale Prediger aus Afrika und Arabien
Seit 1905 herrscht in Frankreich der Laizismus, der Religion und Staat strikt trennt und es der französischen Regierung verbietet, religiöse Einflüsse in irgendeiner Form in ihre Entscheidungen einzubeziehen. Währenddessen wächst der Anteil muslimischer Franzosen – wieviele es genau sind, weiß niemand, da keine Statistiken über die Religion der Bürger erfasst werden. Und während die älteren Generationen der eingewanderten Muslime laut Lilla meist friedlich seien, ließen sich die Jüngeren oft von radikalen Predigern aus Afrika oder Arabien aufstacheln.
Nun stünden jene Franzosen, die sich bereits an den Schulen eine Entradikalisierung der islamischen Jugend wünschen, der klassischen Ideologie entgegen, laut der die Öffentlichkeit keinesfalls in den Glauben einzelner eingreifen dürfe – ebenso wie den Multikulti-Verfechtern, die die Schuld an den Spannungen noch immer in der Ausgrenzung des Islams suchen.
Während selbst Präsident Hollande beteuert, der Terrorismus habe "nichts mit dem Islam zu tun", zitiert Lilla Bücher, in denen Lehrer aus Problemvierteln davon erzählen, wieso sie ihren Beruf aufgeben mussten – die Klassen seien nicht mehr kontrollierbar:
Es gibt Väter, die sich weigern, weiblichen Lehrkräften die Hand zu geben oder ihre Frauen allein mit männlichen Lehrkräften sprechen zu lassen. Es gibt Fälle von Kindern, die es ablehnen, zu singen, zu tanzen oder ein Instrument zu lernen. Manche weigern sich, in der Mathematik das Pluszeichen zu verwenden, weil es einem Kreuz ähnelt. […] Bestimmte Themen erweisen sich als Knacknuss im Unterricht: Dazu gehören die Evolution, Sex und die Shoah. Ein Vater wird zitiert, der zu einem Lehrer sagte: "Ich verbiete Ihnen, meinem Sohn gegenüber den Namen Jesus zu erwähnen."
Die Antwort der Sozialwissenschaften und Journalisten darauf sei oft dieselbe, die man hierauf erwarten würde: Solche Berichte seien "nicht repräsentativ" und schürten bloß Vorurteile…
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