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Zuerst rang er nach Ausreden, jetzt gestand er Fehler ein: SPÖ-Bonze Josef Muchitsch will sein Billig-Domizil im achten Bezirk kündigen.

23. Juni 2015 / 13:00 Uhr

Muchitsch und die höheren moralischen Ansprüche von SPÖ-Bonzen

Was soll man von Politikern halten, die wenige Tage zuvor "nichts Verwerfliches daran finden", dass man mit einem Einkommen von 8.806 Euro netto eine der billigsten Wohnungen in bester Lage Wiens zu 285,99 Euro (inklusive Betriebskosten!) mietet, nach massiver öffentlichen Kritik aber dann doch eingesteht: "Ich habe einen Fehler gemacht"? Josef Muchitsch, Vorsitzender der Bau-Holz-Gewerkschaft und SPÖ-Nationalratsabgeordneter – ein roter Bonze, wie man ihn sich vorstellt – will sein Billig-Domizil fünf Gehminuten von seinem Arbeitsplatz im Parlament nun doch kündigen. An Politiker, so Muchitsch in einer schriftlichen Stellungnahme am Sonntag, würden "zu Recht höhere moralische Ansprüche gestellt".

Um Ausreden nicht verlegen

Es entspreche seinem Selbstverständnis von Politik, nichts zu beschönigen und keine Ausreden zu suchen, schwafelte Muchitsch weiter. Tatsächlich rang der SPÖ-Abgeordnete nur so nach Ausreden, als bekannt wurde, dass sich der Schwerverdiener in der Piaristengasse im achten Bezirk eine günstige Wohngelegenheit "über Freunden" bei der Sozialbau beschafft hat. Für Empörung in sozialen Netzwerken und bei der politischen Konkurrenz sorgte vor allem seine Rechtfertigung: "Ich habe eine Frau und drei Kinder. Ich bezahle sicher nicht tausend Euro für eine Wohnung."

Wiener wissen, wo Häupl wohnt

Muchitsch ist nicht der einzige Sozialdemokrat, der trotz Luxusgage in den Genuss billiger Wohnungen kommen möchte. Auf einen prominenten Bewohner eines Sozialbaus wird von den Medien merkwürdiger Weise immer vergessen: Auf Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der in einem Ottakringer Genossenschaftsbau wohnen soll. Die meisten Wiener wissen zwar, wo Häupl wohnt, nämlich im Wohnpark Sandleiten im 16. Wiener Gemeindebezirk, trotzdem aber bleibt die Wohnsituation des Wiener Bürgermeisters im Dunklen. In den Medien findet sich darauf nur ein einziger Hinweis. Demnach hat sich Häupl schon in den Achtzigern als damaliger Gemeinderat im Wohnpark einquartiert. Heute soll er dort eine zweigeschossige Terrassenwohnung besitzen.

Gemeindewohnung für Privilegienritter Pilz

Genossen wohnen eben gerne günstig: Der frühere Finanzminister Rudolf Edlinger und der jetzige Landtagspräsident Harry Kopietz (beide SPÖ) wohnen sogar im gleichen Sozialbau im 15. Bezirk. Anzunehmen, dass sich eine ganze Schar von SPÖ-Bonzen und ihre Freunde in Wohnungen, die eigentlich für sozial Schwächere bestimmt sind, breit gemacht haben. Die wenigsten Verfehlungen werden öffentlich. Rechtlich in Ordnung, aber moralisch verwerflich ist auch die Gemeindewohnung des Grünen Peter Pilz im Goethehof in Kaisermühlen. Über die unglaubliche niedrige Miete von 147,13 Euro wurde schon oft berichtet, dennoch denkt der Privilegienritter nicht daran, die Gemeindewohnung einer wirklich bedürftigen Familie zu überlassen und sich mit seinem Spitzenverdienst auf dem freien Markt ein Domizil zu suchen.

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