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Der lange Arm des Chefs reicht – auch dank engagierter Denunzianten – bis ins private Facebook-Profil.

15. August 2015 / 11:27 Uhr

Moderne Leibeigenschaft und Metternichsche Ritter: Die Facebook-Entlassungen

Die Gemüter sind erhitzt. Und es liegt ausnahmsweise nicht nur an den hochsommerlichen Temperaturen, wenn so mancher Bürger über den systematisch vorgegebenen Rand hinausschlägt. So erging es auch einem 17-jährigen Lehrling aus Oberösterreich, der auf fragwürdige Art und Weise seinen Unmut über die anhaltende Flüchtlingsproblematik im sozialen Netzwerk Facebook kundtat.

Kommentar von Unzensurix

Weil die Freiwillige Feuerwehr Feldkirchen eine überschaubare Anzahl an Asylwerbern bei Rekordtemperaturen mit einem Wasserwerfer überraschte, platzte dem angespannten Jugendlichen – der zu diesem Zeitpunkt vermutlich gerade unter einer Motorhaube lag oder Hilfsarbeiten erledigte – der Kragen und er gab einen indiskutablen Kommentar unter der Berichterstattung zum Besten: "Flammenwerfer währe (sic!) da die bessere Lösung". Einem jungen Menschen mit 17 Jahren ist durchaus zuzutrauen, Sätze wie diese zu unterlassen.

Zumindest in Diskussion steht seither aber auch die Konsequenz, welche der Arbeitgeber Porsche daraus zog. Der Konzern setzte den jungen Mann auf Hinweis von Sascha Th. – ein selbsternannter Kommentarjäger aus linken Kreisen –  trotz Lehrvertrag prompt vor die Türe und erklärte das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung für beendet. Juristisch gesehen problematisch, da der Lehrvertrag eine Eigenheit mit sich bringt: Er begründet ein Dienstverhältnis mit besonderem Kündigungsschutz, welches nicht einfach beendet werden darf und nur mit einem besonderen Grund zur Entlassung führen kann.

Für die Porsche Holding zählte das Ersuchen des Buben um Vergebung aber nicht. Auch, dass er diese Worte mittlerweile von Herzen bereue und seinen Fehler einsehe, reicht dem ehemaligen Dienstgeber nicht aus und die so oft geforderte zweite Chance für junge Menschen – insbesondere wenn es sich um Asylwerber und sonstige Zuwanderer handelt – bleibt dem Oberösterreicher Jürgen H. verwehrt.

Vermutete Straftat noch kein Entlassungsgrund

Der Arbeitsrechtsprofessor Martin Risak spricht gegenüber dem Standard von einer durchaus legitimen Entscheidung, da der junge Mann mit seiner Aussage vermutlich eine Straftat begangen hat und dies einen Entlassungsgrund auch während des aufrechten Lehrverhältnisses darstellt. Bei seinem Facebook-Posting könnte es sich nämlich um Verhetzung nach §283 StGB handeln. Wichtig ist hier allerdings das Wort „könnte“ – solange eine Straftat gerichtlich nicht festgestellt ist, greift der Arbeitgeber ins Leere.

Ein viel wichtigerer Punkt jedoch, der in der heutigen, computerunterstützten Zeit, sicherlich hoch bedenklich ist, ist jener der persönlichen Angaben in sozialen Netzwerken. Hätte der junge Mann nämlich seinen Arbeitgeber nicht öffentlich auf seinem Profil angegeben und damit für jeden ersichtlich gemacht, so wäre die Causa für ihn vielleicht sogar im Sand verlaufen. Ähnlich erging es Dank des neuen Metternichschen Spitzelsystems und seiner Gehilfen auch schon Mitarbeitern bei der Post, dem Roten Kreuz, bei Spar und dem ÖAMTC, welche ihre (Arbeits-)Erfahrungen mit Ausländern in wesentlich harmloserer und humorvoller Art unter die Internetgemeinschaft brachten – nun aber wie eine weitere halbe Million Einwohner arbeitslos sind.

Die moderne Falle Facebook

Wer nämlich den Dienstgeber zu seinen Informationen hinzufügt, lässt sich schnell auch bei missliebigen Äußerungen mit diesem verbinden und die moderne Jagd von linken Hetzgesellschaften endet somit oftmals auf dem Schreibtisch des Chefs. Ein solcher selbsternannter Ritter im Metternichschen Kostüm ist auch Sascha Th., welcher es sich mit einer überschaubaren Anzahl von Mitstreitern zum Ziel gesetzt hat, Asylkritiker zu denunzieren. "Wenn man sich den Shitstorm gegen Flüchtlinge anschaut, ist es mehr als nötig, dagegen etwas zu unternehmen", sagt der 42-jährige Flüchtlingshelfer, der mittlerweile selbst ins Ausland "geflohen" ist, weil er angeblich Morddrohungen erhalten hat.

Für die Beendigung eines Dienstverhältnisses – insbesondere eines Lehrverhältnisses wie dem des jungen Welsers – ist es nämlich entscheidend, ob man als private Person im Netz auftritt oder als Mitarbeiter einem Unternehmen zuordenbar ist und somit rund um die Uhr dem Dienstgeber zugerechnet werden kann. Während so mancher Aspekt der Entlassung kritisch betrachtet werden kann, wurde genau jener Punkt – die moderne Leibeigenschaft der Firma über die Arbeitszeit hinaus – dem Lehrling zum Verhängnis. Auf seinem Profil war klar ersichtlich, für wen er acht Stunden am Tag tätig ist. Für die Zeit darüber hinaus hat er jedoch keine Abgrenzung vorgenommen und somit reicht der Arm der Knechtschaft auch bis in den Feierabend des jungen Mannes, der an jenem Tag vermutlich alles andere als kühl war.

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