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Putins Rede vor der UNO-Vollversammlung wurde gespannt erwartet.

4. Oktober 2015 / 07:30 Uhr

Putins Rede vor UNO: Staatliche Souveränität achten und IS effektiv bekämpfen

Die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin bei der 70. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York am 28. September zählte zweifelsohne zu den inhaltlich wichtigsten aller Staats- und Regierungschefs. Auch weil es die erste Rede des russischen Staatsoberhauptes seit 2005 war. Neben den Reden von US-Präsident Barack Obama und Irans Präsident Hassan Rouhani, zählte sie zu den medial am meisten diskutierten. In Hinblick auf die Syrien-Krise und den Bürgerkrieg in der Ukraine, sowie die Sanktionen gegen Russland fand Putin deutliche Worte.  

Rolle der UNO muss kritisch hinterfragt werden

Unzensuriert.at fasst die wichtigsten Kernaussagen aus der Rede des russischen Präsidenten zusammen:

Putin eröffnete seine Rede mit dem Verweis, dass es seit der Gründung der Vereinten Nationen vor 70 Jahren immer schon Differenzen zwischen Staaten gab, dies jedoch natürlich sei. Die Gründerväter waren sich durchaus bewusst, das Konsens auf internationaler Ebene nicht immer zu erreichen sein werde, gerade von dieser Meinungspluralität lebe aber die UNO. Im Diskurs müsse von Seiten der Staaten daher umso mehr das internationale Recht der UN-Charta geachtet werden.

Nach dem kalten Krieg änderte sich dies laut Putin. Ökonomisch und politisch dominierende Staaten, allen voran die USA, setzten sich durch ihre Vormachtstellung über die UN-Charta hinweg, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Dies schüre Zweifel an der Legitimität, denn die Vereinten Nationen ließen sich immer wieder von „starken Staaten“ für deren Zwecke instrumentalisieren. In der Vergangenheit führte das oftmals zu Beschlüssen die ganze Staaten destabilisierten. Daher drängt sich die Frage auf, ob die UN angesichts dessen nicht mittlerweile obsolet wäre.

UNO muss staatliche Souveränität achten

Die UNO, so Putin weiter, müsse die Transformation im internationalen System anerkennen. Russland sei zu jeder Zeit für eine gemeinsame Zusammenarbeit auf internationaler Ebene bereit. Jedoch müsse gerade die UNO staatliche Souveränität stärker akzeptieren. Frieden und eine eigene Zukunft liegen zuallererst in der Verantwortung des jeweiligen Staates. Daher müssten auch internationale Gesetze und deren Entstehungsprozesse transparenter gestaltet sein. Putin verwehrt sich auch gegen die Wirtschaftsideologie des Westens. Der Welt nur ein Entwicklungsmodell um jeden Preis aufzuzwingen, könne nicht gut gehen. Gerade dadurch würden Fehler wie Finanzkrisen immer wieder wiederholt. Jeder Staat solle die Möglichkeit haben, seinen eigenen Weg zu gehen, sowohl politisch als auch wirtschaftlich.

Lippenbekenntnisse helfen nicht gegen Terror

Angesichts der globalen Bedrohung durch den Terrorismus und der Destabilisierung des Nahen Ostens und Nordafrikas, fand der russische Präsident ebenfalls deutliche Worte. Die Destabilisierung der beiden Regionen basiere nämlich nicht auf natürlichen Veränderungen, sondern auf militärischen Interventionen von Außen. Wenn demokratische Strukturen in diesen Regionen Einzug halten sollen, könne dies nur über innere Reformen passieren, aber nicht durch externe Kräfte. Die Endeffekte der Interventionen seien nun Armut, Krieg und fehlende Menschenrechte. Putin adressierte an alle anwesenden Staats- und Regierungschefs die Frage: „Do you realise what you´ve done?“ Auf seine Frage erwarte er sich aber ohnehin keine Antwort, so der Präsident.

Jetzt müsse man im Nahen Osten mit anarchischen Militanten wie dem Islamischen Staat fertigwerden, die sich mittlerweile auch außerhalb der Region festgesetzt haben. In Libyen wiederum seien die staatlichen Strukturen am Ende, aufgrund eines UN-Rechtsbruches von Seiten der NATO.

Daher dürfe man auch unter keinen Umständen eine angeblich „moderate Opposition“ in Syrien bewaffnen. Dutzende Beispiele hätten bereits belegt, dass diese trainiert und bewaffnet wurden, später aber mit dem IS kooperierten. Der IS expandiere bereits in die gesamte islamische Welt. Die Situation sei deshalb für die ganze Welt sehr gefährlich. Deklarationen auf UN-Ebene würden zudem nichts bringen, wenn bei der Terrorfinanzierung ständig weggesehen wird. „Oder ist es das Ziel der westlichen Allianz irgendwann mit dem IS zu kooperieren?“, fragte Putin.

Kampf gegen IS nur mit Assad

Der globale Terrorismus expandiere, das sei auch Russland bewusst. In den dutzenden IS-Camps werden Menschen aus aller Welt trainiert, auch Russen. Das könne nicht länger geduldet werden. Niemand in der Welt möchte das. Russland sieht sich dabei in einer Vorreiterrolle. Das Land habe immer effektiv Terrorismus bekämpft. Jetzt sei jedoch eine neue Stufe der Bekämpfung notwendig und dies gehe nicht ohne die syrische Regierung. Niemand außer Baschar al-Assads Militär bekämpfe wirklich den IS, so Putin. Jene, die nun Russland aufgrund seines Militärengagements in Syrien diffamieren, hätten gar kein Interesse an einem Ende des Krieges in Nahost. Putin plädierte deshalb endlich gemeinsame Interessen und Werte auf internationaler Ebene zu vertreten.

Eine breite internationale Koalition im Kampf gegen den Terrorismus könnte wie die Anti-Hitler Koalition aus dem Zweiten Weltkrieg aussehen. Auch die muslimischen Länder müssten stärker in die Pflicht genommen werden. Muslimische Autoritäten müssten klar Position beziehen und zum Frieden in der Region aufrufen.

Block-Denken aufgeben

Die Zukunftsperspektiven sieht Russland folgendermaßen: Auf internationaler Ebene muss jegliche Koordination zwischen Staaten entsprechend der UN-Charta erfolgen. Nur so können eine politische Stabilisation und eine wirtschaftliche sowie soziale Entwicklung gewährleistet werden. Auch gebe es keine Notwendigkeit neuer Flüchtlingswellen nach Europa, wenn der Krieg in Syrien und dem Irak endlich beendet werde. Die Menschen der Region bräuchten sichere Staatsstrukturen und Institutionen, um nicht flüchten zu müssen. Daher solle auch jegliche Assistenz hin zu souveränen Staaten und nicht Rebellengruppen erfolgen. Frieden und globale Stabilität dürften keine Privilegien für einige auserwählte Staaten sein.  

Putin forderte auch das Block-Denken aus den Zeiten des Kalten Krieges abzulegen, welches immer noch unter den westlichen Staatschefs präsent sei. Die Expansion der NATO gehe für ihn auf falsche Versprechungen an die ehemaligen Sowjetstaaten zurück. Sie wurden vom Westen vor die Wahl gestellt: Entweder Ost oder West ohne die Möglichkeit einer beidseitigen Kooperation. Der Militärcoup in der Ukraine zeige wohin das führe, nämlich in den Bürgerkrieg. Russlands Präsident forderte zudem die Einhaltung des Minsker Friedensabkommen ein. Die Einbindung der Region Donbass und dessen Bevölkerung sei wesentlich für eine florierende Ukraine.

Kritik an globaler Finanzelite

Abschließend kritisierte Putin die globale Finanzelite. Transparenz sei in der globalen Wirtschaft mittlerweile ein Fremdwort. Unilaterale Sanktionen würden angewendet, um einen politischen Willen durchzusetzen, das könne nicht akzeptiert werden. Geschlossene und geheime Wirtschaftsabkommen, bei denen weder andere Länder noch die Öffentlichkeit informiert werden, sind dem Russen ein Dorn im Auge. Solche Abkommen in der internationalen Wirtschaft würden lediglich die Regeln zugunsten der Eliten ändern. Russlands Wirtschaft wiederum ist seit jeher um Interkonnektivität in der Weltwirtschaft bemüht. China sei dabei ein guter Partner. Angesicht der globalen sozialen Entwicklungen müsse die Wirtschaftsintegration weltweit harmonisiert werden.

Die Bekämpfung des Klimawandels sei für Russland ebenfalls oberste Priorität. Das Klima werde jedoch nicht durch Verhandlungen zu retten sein, so Putin, sondern durch neue Technologien, die im Einklang mit Natur zum Einsatz kommen sollen. Es müsse einen Brückenschlag zwischen Biosphäre und Technosphäre geben. Dabei sieht er allen voran die Staaten in der Pflicht. Russland habe beispielsweise erst kürzlich ein internationales Forum für nachhaltige Nutzung von Naturressourcen ins Leben gerufen. Russlands Präsident beendete seine Rede mit einem Verweis auf die erste UN-Generalversammlung 1964, bei der das Prinzip des freien Willens und der Geist der Kooperation einheitlich beschworen wurden. 

Wladimir Putins Rede in voller Länge von Ruptly-TV (in Englisch): 

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