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Europastudio-Gastgeber Paul Lendvai war von den offenen Worten des Journalisten Karl-Peter Schwarz sichtlich überrascht.

16. November 2015 / 13:38 Uhr

Wie kam der “Advocatus Diaboli” in das ORF-Europastudio?

Welchen Gast hat sich Paul Lendvai da in seine ORF-Sendung geholt? Im Europastudio am Sonntag diskutierten die meisten Journalisten so, wie wir es von Vertretern der Mainstreammedien kennen. Nur einer fühlte sich nach eigenen Worten als "Advocatus Diaboli" (Anwalt des Teufels): Der Osteuropa-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Karl-Peter-Schwarz. Dieser nannte die Probleme erfrischend ehrlich beim Namen, bezeichnete die europäische Flüchtlingspolitik als "Arbeitsbeschaffungsprogramm für die Schlepperindustrie" und zeigte Verständnis für osteuropäische Länder, die sich dagegen wehren würden, dass Prag ein "Neukölln" werde.

Zunahme des Anti-Islamismus

Der Osteuropa-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Karl-Peter Schwarz, sagte im ORF-Europastudio am Sonntag, er wundere sich nicht, dass es eine Zunahme des Anti-Islamismus gebe. Immerhin seien die Attentäter in Paris radikale Islamisten gewesen – und das nicht zum ersten Mal. "Was wir erleben, ist ein Übergreifen der Bürgerkriegssituation von Nordafrika und des Nahen Ostens auf die europäischen Länder," so Schwarz. Dass die Leute negativ auf die Flüchtlingspolitik reagieren würden, die gegenwärtig in der Europäischen Union betrieben werde, insbesondere auch von Deutschland, "wundert mich gar nicht", so Schwarz.

300.000 nicht registrierte Migranten

In Deutschland, so Schwarz, würden sich derzeit 300.000 nicht registrierte Migranten aufhalten. Das sei ein enormes Sicherheitsrisiko. Man müsse sich einmal fragen, welche Folgen diese Politik der offenen Tür, die Politik des Nicht-Einzäunens, die Politik des freundlichen Gesichtes für die Sicherheit in Europa habe. Das große Problem sei, dass die europäische Politik und die deutsche Politik total die Kontrolle über diese Situation verloren hätten. Internationale Medien würden über die "Kakophonie der Stimmen" berichten, wenn sie über die Flüchtlingspolitik in Deutschland schreiben. Kanzlerin Angela Merkel habe im ZDF-Interview gesagt, dass es weiterhin keine Obergrenze bei Flüchtlingen geben werde. Das hieße aber auch, dass sich weiterhin Flüchtlingsmassen in Bewegung setzen würden.

Migrantenbewegung als Waffe

Schwarz wies auf eine Untersuchung einer US-Politikwissenschafterin hin, die feststellte, dass Migrationsbewegungen als Waffe eingesetzt werden können. Demokratien, die sich auf humanitäre Werte beziehen, seien besonders anfällig für diese Art von Erpressung. In einem größeren Zusammenhang müsse man sich die Frage stellen, ob sich die Welt in Bezug auf die Entwicklung nach dem "Arabischen Frühling" richtig verhalten habe. "Meiner Ansicht nach," so Schwarz, "ist das eine unendliche Serie von Katastrophen und Fehlentscheidungen." Dies habe begonnen mit diesem "Trio Infernal" von Nicolas Sarkozy, David Cameron und Barack Obama, die plötzlich angefangen hätten, Libyen zu destabilisieren, obwohl es dafür keinen Grund gegeben habe. Man habe alles unternommen, um dem Mythos des "Arabischen Frühlings" zu entsprechen.

Flüchtlingspolitik "reine Katastrophe"

Schwarz bezeichnete die europäische Flüchtlingspolitik als eine "reine Katastrophe". Sie sei in Wirklichkeit ein "Arbeitsbeschaffungsprogramm für die Schlepperindustrie". Jeder vernünftige Einwanderungsstaat, seien es die USA, sei es Australien oder Kanada, würde Visa vergeben und Kontingente festlegen. Er habe auch Verständnis für das Verhalten osteuropäischer Länder, die sich dagegen wehren, dass Prag ein "Neukölln" werde.

Radikalisierung am Balkan

Politologe Vedran Dzihic vom Institut für internationale Politik in Wien, sprach – ebenfalls im ORF-Europastudio – von einer Radikalisierung der Menschen am Balkan. Nach Beobachtung sozialer Netzwerke stelle er fest, dass es am Balkan durchaus auch Sympathien dafür gebe, was in Paris geschehen sei. Da gebe es Aussagen wie: "Endlich bekommt der Westen das zurück, was den Muslimen im Nahen Osten angetan wird". Das sei in der Tat gefährlich und eine Situation, die man nicht unterschätzen sollte.

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