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18. November 2015 / 15:43 Uhr

Ein biblischer Auftrag: Diözese Graz vermietet Flüchtlingsheim für Männer aus aller Welt

Die Diözese Graz verquickt die Asylwerberversorgung mit Geschäftemacherei in der Immobilienentwicklung. Ein Mehrwert für Gutmenschen aller Arten und Konfessionen.

Ein abgewohntes mehrstöckiges Immobilienobjekt in einem der besseren Grazer Stadt-Bezirke (Herz-Jesu-Viertel im Bezirk Leonhard) der steirischen Landeshauptstadt wird zu einem Asylantenwohnheim umgebaut. Die Bürger werden kurz vor der „Belegung“ des Wohnhauses mit „Asylanten“ informiert, gutbegründete Einwände werden kleingeredet und die Anrainer „von höherer Stelle“ beschwichtigt. Leider derzeit Normalzustand, im Ausnahmezustandsland Österreich, wo solcherart ungenutzte Wohnobjekte, derzeit hundertfach neu belegt werden – mit Fremden unbekannter Herkunft, Asylwerbern und anderen Transit-Flüchtlingen.

Immobilieneigentümer ist Diözese Graz

Der Grazer Fall im Herz-Jesu-Viertel hat aber einen ganz besonderen Beigeschmack und zeigt die penetrante Kaltschnäuzigkeit von Politikern und die skrupellose Profitmaximierung von Immobilieneigentümern nachgerade idealtypisch auf. Und besonders pikant: Eigentümer der Immobilie in der beschaulichen Raimundgasse in Graz ist nämlich ein ganz besonderer Immobilienentwickler; es handelt sich dabei um die Diözese Graz Seckau und beteiligter Politiker ist der ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl.

Schon seit Jahren hatte sich in diesem Objekt der Diözese, verwaltet von der bischöflichen Liegenschaftsverwaltung, die „Zentrale“ der Caritas Graz eingemietet. Als die Caritas Steiermark – die Geschäfte scheinen gut zu laufen – im Jahre 2014 in ein größeres Objekt, in eine schmuck renovierte Vorstadtvilla im Grazer Grabenviertel umzog, war die Liegenschaft dann ungenutzt. Zumindest als Wohnobjekt. Als Sammelstelle für Alt-Kleidersammlungen fristete das Gebäude ein trauriges Immobilien-Dasein.

Kirche will Wohnungen in teurem Viertel errichten

Der Wirtschafts- und der Liegenschaftsmanager des steirischen Bischofs Wilhelm Krautwaschl hatten aber flugs einen Ausweg gefunden. Schließlich liegen die zwei mehrgeschossigen Wohnhausblöcke in einem der teuersten Viertel von Graz, wo Wohnungspreise jenseits der 3.000 Euro pro Quadratmeter Bruttogeschoßfläche gerne bezahlt werden. Immobilienentwicklung gehört ja schon seit Jahrhunderten zum Kerngeschäft der Kirche, da sollte dieses Objekt doch keine Ausnahme bleiben. Dem Grazer Bauamt liegt bereits ein Einreichplan für das Objekt vor. Ein Wohnbauprojekt „mit leistbaren Wohnungen“ soll entstehen. Wird sicher kein Ladenhüter, denn wie gesagt: Dieses ruhige Herz-Jesu-Viertel mit der TU Graz, seinen kleinen Parks und klassischen Gründerzeitwohnblocks, gilt als trendy, bio, alternativ und hipp-studentisch. Man wählt dort (noch) die ÖVP (rd. 34,3% bei den Gemeinderatswahlen 2012) die Grünen (18,7 %) und die Kommunisten (21,2 %!!). Das himmelhohe Gotteshaus, das dem Viertel den Namen gab, ist freilich eher schütter besucht. So sehr der Pfarrer auch um Zuzug an Schäfchen für sein imposantes Gotteshaus kämpft. Für den Zuzug der etwas anderen Art sorgen seine Brüder im Geiste in der Wirtschaftsabteilung der Diözese.

Flüchtlingsheim als „Zwischennutzung“

Da nämlich die Einreichplanung, das Bauverfahren und die behördliche Bewilligung zum Um- und Ausbau ja noch ausstehen – Bauverfahren in Graz können bis zu 2 Jahre dauern – übernahm die Diözese eine profitmaximierende Idee aus dem Werkzeugkoffer der Immobilienhaie: „Zwischennutzung“ eines abgewohnten, zum Umbau anstehenden Objektes, als Asylanten- und „Flüchtlingsheim“.

Die Herren der Diözese frohlockten bei dieser Idee und sie beherzigten auch gleich noch einen Grundsatz aus der profanen, irdischen Welt: Tue Gutes – und rede darüber. Das beherzigen alle Werbe-Experten, Unternehmen und Politiker – überhaupt alle, die Erfolg haben wollen, machen es so. Man zeigt stolz die Bilanzen der Gutherzigkeit. Alle sollen wissen, wie gut man ist.

Hilfe aus der Sicht der Kirche ist ein biblischer Auftrag!

So auch geschehen in Graz beim Info-Abend in der Pfarre Herz Jesu. Der Wirtschaftsdirektor der Diözese klärte die rund 130 Personen die erschienen waren auf: „Die Flüchtlingssituation ist eine Herausforderung der wir uns alle stellen müssen“, lautete sein unmissverständliches Kurzcredo. Ein erster Zwischenruf aus dem Publikum – „Wer sagt das?“ – wird vom Kirchenmann gütig überhört. „Heimstatt“ soll das werden für „bis zu 45 Flüchtlinge“ und außerdem entstehe dort schon in 12 Monaten ein Projekt mit leistbaren Wohnungen“. Der Herr Wirtschaftsdirektor der „die wirtschaftlichen Grundlagen für die Verwirklichung der umfassenden pastoralen Ziele der Diözese unter Wahrung der kirchenrechtlichen Vorgaben zu sichern“ hat, weiß wovon er spricht, und wird auch noch bedeutungsschwer: „Hilfe aus der Sicht der Kirche ist ein biblischer Auftrag“ und außerdem werde das „Flüchtlingsquartier“ ohnehin von der Caritas betrieben. Diese mahnenden Zeigefinger wirken. Beruhigend für jene Anrainer die zu erzählen wissen, die „Flüchtlinge sind ja eh ganz normale Menschen“, da gebe es nichts zu fürchten. Und das Thema Asylwerber im Herz Jesu Viertel war damit abgesegnet.

Die Kleine Zeitung – auch ein gewinnmaximierendes Unternehmen mit katholischer Grundierung – wird tags darauf noch von einer „emotionalen Bürgerversammlung“ zu berichten wissen, wo Befürchtungen auf der einen Seite“ und „angebotene Hilfsbereitschaft auf der anderen“, den „Riss der derzeit durch die Gesellschaft“ gehe sichtbar gemacht habe. Aber die kritischen Stimmen verstummten rasch, so wie bei der Online-Berichterstattung der Kleinen Zeitung alsbald zu lesen war: „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass zu diesem Artikel keine Kommentare erstellt werden können.“

Erste Asylanten zogen am Tag nach Bürgerinformation ein

Schon am Tag nach der Bürgerinformation waren im Objekt der Diözese 26 Personen als Asylwerber gemeldet. Ausschließlich Männer aus Afghanistan, Albanien, Iran, Nigeria, Pakistan, Tschetschenien, Syrien und 6 Männer mit unbekanntem Geburtsstaat. Asylwerber haben in Österreich Anspruch auf Grundversorgung solange das Verfahren läuft Für Asylwerber in der (vollen) Grundversorgung gibt es folgende Tagsätze: Die Quartiergeber erhalten einen Tagsatz von 19 Euro für Unterbringung und Verpflegung mit drei Mahlzeiten am Tag. (Die Asylwerber erhalten 40 Euro im Monat an Taschengeld). Betreibt die Caritas das Asylwerberheim also in voller Grundversorgung, erhält die Caritas pro Asylwerber-Nase und Tag 19 Euro. Macht derzeit knapp 500 Euro Einnahmen pro Tag. Wenn die anvisierten 45 „Flüchtlinge“ das Haus bevölkern stehen dem Betreiber rund 855 Euro pro Tag zu. Bei 30 Kalendertagen mit voller Belegung macht das für die Caritas ein Betreuungsgeld von 25.650 Euro. Auch keine schlechte Wertschöpfung für ein Objekt, das ja eigentlich nur in Zwischennutzung betrieben wird.

Bürgermeister Nagl gab seine Zustimmung

Schlusspointe: Natürlich war dieses Männer-Asylwerberheim der Caritas abgesprochen mit dem Grazer Bürgermeister. Das ist jener ÖVP-Politiker der sein ausdrückliches Placet für dieses Zwischennutzungsmodell gab und auch die Entwicklung dieses Objekts als zuständiger Stadtsenatsreferent und erste Bauinstanz bald bewilligen muss, der noch vor knapp drei Wochen im ORF Steiermark für aktuellen Flüchtlingskrise mit dem kräftigen Sager zitiert wurde: „Frauen, Kindern und alleine flüchtende Jugendlichen soll weiterhin geholfen werden, den Männern müssen wir aber klar zu verstehen geben, dass für sie hier kein Platz ist“, da der Steiermark „ansonsten die völlige Überforderung“ drohe, so der Bürgermeister Nagl.

So kann sich auch ein Kreis schließen: Für asylsuchende Männer ist kein Platz mehr – freilich im Grazer Herz-Jesu-Viertel, wenn bei einer Immobile der Diözese die Caritas als Betreiber fungiert und ein ÖVP-Bürgermeister sein Placet gibt, dann schon! Und Geschäft ist das auch noch ein schönes. Ein wahrhaftig biblischer Auftrag! Vergelt´s Gott, oder wie heißt´s alsbald in der Grazer Raimundgasse: "Allahu akbar!"

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