Demokratisch, kritisch, polemisch und selbstverständlich parteilich

Putin und “sein Propagandasender” Russia Today werden im ZDF zum Gegenstand höchst einseitiger Berichterstattung.

ZDF

19. Dezember 2015 / 17:20 Uhr

Russland nicht verstehen: Die Kritikresistenz der Mainstream-Medien

Der Mainstream-Journalist von heute muss vor allem eine Eigenschaft aufweisen: Kritikresistenz. Hunderte empörte Leserzuschriften dürfen ihn nicht von seinem gerechten Weg abbringen, auch Kommentare von objektiv gebliebenen Berufskollegen dürfen ihn nicht stören. Und selbst der Nachweis der Manipulation darf das Weltbild nicht erschüttern. So muss es sein, egal ob es um die aktuelle Massenzuwanderung geht oder um kriegerische Auseinandersetzen – seien sie nun in Syrien oder im Osten der Ukraine.

"Machtmensch Putin": Doku oder Satire?

„Machtmensch Putin“, am Dienstagabend vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) als Dokumentation auf Sendung gebracht, wird von Kritikern der aktuellen Medienberichterstattung nicht unbegründet eher als Satire entlarvt. Der Film charakterisiert in 45 Minuten den russischen Präsidenten Wladimir Putin als machtbesessenen Despoten, der die Weltpolitik als seine Spielwiese betrachtet – primär, um sein eigenes Ego zu befriedigen.

Eine "Biographie" namens "Putins Demokratur"

Gleich zu Beginn kommt ein gewisser Boris Reitschuster zu Wort, der im Insert als „Putin-Biograph“ vorgestellt wird, was eine gewisse Nähe zum Präsidenten erahnen lässt. Näher als die meisten Russen kam er Putin jedoch eher nicht. Zwar werkte er jahrzehntelang als Korrespondent in Moskau, zuletzt 16 Jahre lang für den Focus. Ob er selbst jedoch jemals persönlich – etwa in einem Interview – mit dem Objekt seiner „Biographie“ sprechen durfte, ist aus den im Internet auffindbaren Vorstellungen seiner Person nicht erkennbar. Bei Reitschusters zweiter Wortspende rudert das ZDF dann auch schon zurück und stellt ihn nun als Autor des Buches „Putins Demokratur“ vor. Wie viele Menschen darin eine „Biographie“ erblicken, sei dahingestellt.

"Russland-Versteherin" stört die Harmonie

Das Machwerk des ZDF ist ein Paradebeispiel für Medienerzeugnisse, wie sie eine tatsächliche Russland-Expertin noch im Frühjahr 2015 heftig kritisierte. Gabriele Krone-Schmalz brachte ihr Buch „Russland verstehen“ immerhin einige Auftritte im Mainstream ein. Nach einem kurzen Aufflackern war die langjährige ARD-Korrespondentin in Moskau allerdings mit dem Etikett versehen, das viele Medien sich für derartige kritische Einwürfe zurechtgelegt haben: „Russlandversteherin“. Da half es ihr auch wenig, dass sie selbst diesen „Vorwurf“ in der Einleitung ihres Buches vorwegnahm:

Wie ist es um die politische Kultur eines Landes bestellt, in dem ein Begriff wie "Russlandversteher" zur Stigmatisierung und Ausgrenzung taugt? Muss man nicht erst einmal etwas verstehen, bevor man es beurteilen kann? Verstehen heißt nicht automatisch für gut befinden. Wer etwas versteht, begreift Zusammenhänge, kennt Hintergründe und hat auf dieser Basis die Chance zu erklären, was vorgeht und warum.

Genau zu diesem Verstehen, ohne sich gleich auf eine Seite zu schlagen, liefert Krone-Schmalz in dem 176-seitigen, leicht lesbaren Buch eine solide Grundlage, die insbesondere auch die Entwicklungen seit dem Fall des Eisernen Vorhangs beleuchtet und in einer präzisen Beschreibung der Ukraine-Krise mündet. „Der Kampf um die Ukraine und die Arroganz des Westens“ lautet der Untertitel.

Pressefreiheit als Unabhängigkeit vom Mainstream

Dem ZDF – das sich in der Doku geradezu selbstironisch auch am russischen Auslandssender Russia Today abarbeitet – könnte dieser Satz aus dem Vorwort gewidmet sein, den viele Journalisten wohl gerne auf Russland münzen würden, den Krone-Schmalz aber in Richtung ihrer deutschen Berufskollegen formuliert hat:

Pressefreiheit bedeutet in jeder Beziehung Unabhängigkeit, von staatlichem und sonstigem Einfluss sowieso, aber auch von so etwas wie Mainstream.

„Russland verstehen“ von Gabriele Krone-Schmalz kann zum Preis von 15,40 Euro hier bestellt werden.

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