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Griechenland darf die aus der Türkei ankommenden Einwanderer künftig zurückschicken, allerdings nicht so kollektiv, wie sie ankommen.

18. März 2016 / 19:59 Uhr

EU macht Erdogan zu ihrem “Einwanderungs-Kommissar”

Der EU-Gipfel mit der Türkei hat das von europäischen Patrioten befürchtete Ergebnis gebracht. Die Türkei unter ihrem autokratischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bekommt von der EU das Management der Massenzuwanderung übertragen und als Belohnung dafür eine baldige EU-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. Zum Drüberstreuen soll schon vor dem Sommer die Visapflicht für türkische Staatsbürger zur Gänze entfallen. Sechs Milliarden Euro werden überwiesen, drei davon sofort. Erdogan ist mit diesem Deal von der EU gleichsam zu ihrem Einwanderung-Kommissar ernannt worden.

Keine „kollektiven Ausweisungen“ trotzt tausender Ankommender

Es klingt wie Selbst-Ironie: Die EU-Staaten bringen so gut wie keine Abschiebungen illegaler Einwanderer zuwege und sind in ihrer beabsichtigen Quotenverteilung über den Transport von 30 Menschen von Griechenland nach Luxemburg bisher nicht hinausgekommen. Jetzt aber wollen sie alle illegal Einreisenden von Griechenland in die Türkei zurückverfrachten – wohlgemerkt ohne „kollektive Ausweisungen“. Wie das angesichts kollektiver Ankünfte von täglich hunderten bis tausenden Menschen gehen soll, bleibt das Geheimnis der Gipfelteilnehmer.

Für die Rücknahme der Menschen durch die Türkei und die Unterbringung, unter welchen Umständen auch immer (die Wahrung der Menschenrechte zählt jedenfalls dezidiert nicht dazu), darf der Erdogan-Staat wiederum Kriegsflüchtlinge aus Syrien in die EU bringen – vorerst ist ihre Zahl auf 72.000 begrenzt. Wer sie aufnimmt, steht in den Sternen. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán betonte jedenfalls bereits, dass sein Land dafür nicht zur Verfügung stehe. Ungarn wird gewiss nicht der einzige Verweigerer bleiben. Zielländer sind somit wohl weiterhin hauptsächlich Deutschland und Österreich.

Wer wählt die „legalen Einwanderer aus?

Völlig unklar ist auch, nach welchen Kriterien die 72.000 angeblichen Kriegsflüchtlinge aus Syrien ausgewählt werden sollen, die auf legalem Weg in die EU dürfen. Wer die Türkei kennt, kann erahnen, dass sich dadurch – neben den heute zugesagten sechs Milliarden Euro – eine weitere Geldquelle für die Türkei im Wege der Korruption erschließen könnte.

Hält der heutige Kuhhandel, so steht die Tür für die Türkei in die EU weit offen. Rechtzeitig zu Beginn der Reisesaison Ende Juni soll die Visapflicht für türkische Bürger fallen. Zu diesem Zeitpunkt soll ebenso das bedeutende Kapitel Finanzen und Haushalt im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen des großteils asiatischen Landes eröffnet werden.

Faymann im Namen von Rot-Schwarz voll für das Geschäft

Österreichs Kanzler Werner Faymann (SPÖ) hat dem Übereinkommen im Namen der rot-schwarzen Bundesregierung zugestimmt. Die FPÖ hatte im Vorfeld sein Veto gefordert und der freiheitliche Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer eindringlich vor einem Geschäft mit dem System Erdogan gewarnt.

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Hofer erneuerte diese Kritik unmittelbar nach Bekanntwerden des Gipfel-Ergebnisses. „Es ist im höchsten Maß unverantwortlich, was heute hier ausgehandelt worden ist. Die EU hat sich von der Türkei erpressen lassen“, so Hofer, der sich überzeugt zeigte, dass es bei den festgesetzten Zahlungen an die Türken nicht bleiben werde. Es sei beschämend, dass es zwischen dem NATO-Land Türkei und dem NATO-Land Griechenland einen eigenen EU-Deal braucht um die jeweiligen Grenzen zu schützen. „Das ist doch absurd hoch zehn!“

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