Die Ablöse von Werner Faymann als Bundeskanzler und SPÖ-Parteichef war also von langer Hand vorbereitet. Das beichtete der gescheiterte Nachfolgekandidat für den Kanzlerposten und frühere ORF-Generaldirektor Gerhard Zeiler in der ZiB 2 am Donnerstag. Er habe schon ein Jahr lang mit Christian Kern über einen Neustart der Partei diskutiert, dazu gehörten auch neue Köpfe: "Der Trainer kann noch so gut sein. Wenn er die Spiele andauernd verliert, muss er seinen Hut nehmen," sagte Zeiler.
Wer zählt noch zu den "Königsmördern"?
Zeiler und Kern haben also schon seit einem Jahr an der Hinrichtung Faymanns gewerkt. Wer war noch aller dabei in dieser konspirativen Runde? Die Wiener Sozialstadträtin Sonja Wehsely, die jetzt zur Ministerin aufsteigen soll, ihr Lebenspartner Andreas Schieder, seines Zeichens Klubobmann der SPÖ, oder gar der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der sich ja bei jeder Gelegenheit als Fan von Gerhard Zeiler outet? Letzterer kam jedenfalls im Ö1-"Journal zu Gast" ganz schön ins Stottern, als man ihn auf Zeilers Aussage ansprach: Er habe zwar gewusst, dass sich Kern und Zeiler gut kennen und Kritiker der Regierungspolitik seien, „aber natürlich habe ich nichts gewusst von den Ablöseplänen, ich hätte das auch nicht geduldet“, so Häupl, „für mich hat Loyalität einen Wert“.
Das Volk liebt den Verrat, aber nicht den Verräter
Der ÖBB-Generaldirektor ist also doch nicht der Mann, der von der SPÖ aus dem Hut gezaubert wurde, um die Partei zu retten. Sondern Christian Kern hat – glaubt man den Ausführungen von Zeiler – an seiner Kür zum Kanzler selbst intensiv mitgearbeitet. Kühl geplant von ein paar, von der Partei davor in bestbezahlte Jobs gehievten Genossen rund um Zeiler und Kern wurde der "Königsmord" schon seit Monaten vorbereitet. Das macht den ohnehin nicht gerade sympathisch wirkenden Christian Kern noch ein bisschen unsympathischer. Denn das Volk liebt zwar den Verrat, aber nicht den Verräter.
Kern war keine Koryphäe beim Verbund
Was Christian Kern außerdem noch kann, bleibt dahingestellt. Als parlamentarischer Mitarbeiter zum Pressesprecher des früheren SPÖ-Klubobmanns Peter Kostelka aufgestiegen, war er nie in der Privatwirtschaft tätig, sondern wurde – wie bei Genossen so üblich – gleich in einem Staatsbetrieb geparkt. Allerdings dürfte Kern im Verbund keine Koryphäe gewesen sein, wie Kollegen so berichten. Und als ÖBB-Chef hat er, abgesehen davon, dass die Milliardenzuschüsse immer größer wurden, einiges am Kerbholz.
Schmiergeldzahlungen und merkwürdige Uniform-Beschaffung
Die ÖBB-Tochter Rail Cargo wurde in seiner Amtszeit wegen Schmiergeldzahlungen zu 8,5 Millionen Euro verurteilt, zu einem handfesten Skandal wurde die Beschaffung der ÖBB-Uniformen, bei der zum Schluss eine Geisterfirma zum Zug gekommen ist, und beim Bau des Wiener Hauptbahnhofes hat sich Kern, der in den Mainstream-Medien jetzt gern als erfolgreicher Macher dargestellt wird, grob verschätzt: Der Umbau des ehemaligen Südbahnhofs zum Hauptbahnhof Wien kostete statt den ursprünglich veranschlagten 420 Millionen plötzlich mehr als eine Milliarde Euro.
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