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Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg

14. Juni 2016 / 20:10 Uhr

EuGH-Urteil: Kein Kindergeld für EU-Ausländer

Die Diskussion über das von Österreich ins EU-Ausland gezahlte Kindergeld läuft in Österreich bereits seit einigen Jahren. 2013 wurden 205 Millionen und 2014 sogar 223 Millionen Euro für nicht hierzulande lebende Kinder gezahlt. Für 2015 sind noch keine exakten Zahlen veröffentlicht worden, man wird aber von einer ähnlichen Steigerung ausgehen müssen.

Allerdings macht nun eine Schlagzeile die Runde, die vom Standard gleich pejorativ verlautbart wird: Großbritannien darf Kindergeldbezug an Aufenthaltsrecht koppeln. Was bedeutet das im Klartext?

Anspruch auf Aufenthalt nach drei Monaten vorbei

Grundsätzlich ist die Rechtslage in der EU so, dass EU-Bürger für drei Monate in ein anderes Mitgliedsland ziehen dürfen, um dort Arbeit zu finden. Wenn das nicht gelingt, verlieren sie ihren Anspruch auf Aufenthalt wieder. Doch arbeitslose EU-Ausländer in Großbritannien hatten sich beschwert, dass ihnen wegen fehlenden Aufenthaltsrechts auch das Kindergeld verwehrt worden ist. Deswegen klagte die EU-Kommission gegen diese Praxis, denn sie hat im verlangten Aufenthaltsnachweis (Arbeit!) eine Diskriminierung gegenüber britischen Staatsbürgern gesehen, weil diese als Briten keinen Nachweis darüber erbringen müssen, aufenthaltsberechtigt zu sein.

Entscheidung des EuGH

Nun entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Großbritannien durchaus das Recht habe, Bedingungen zu knüpfen. Zwar wurde auch eine mittelbare Diskriminierung von ausländischen EU-Bürgern gegenüber britischen festgestellt, doch diese sei legitim, wenn Großbritannien damit seine Staatsfinanzen schützt. Außerdem habe die entsprechende EU-Verordnung über das Kindergeld kein gemeinsames Sozialsystem geschaffen, sondern lasse die nationalen Systeme bestehen. Und wenn diesen eine Überlastung, z. B. durch Kindergeld ins Ausland droht, dann dürfe man eben dementsprechende Maßnahmen beschließen.

Sozialsysteme enorm durch Zuwanderer belastet

Und gerade in der Brexit-Diskussion sind die Sozialleistungen für EU-Ausländer ein spezielles Thema, weil besonders durch den Zuzug osteuropäischer Menschen die Sozialsysteme in den letzten Jahren enorm belastet worden sind. Deswegen hatte David Cameron bei einem EU-Gipfel zu Jahresbeginn eine „Notbremse für Sozialleistungen“ betreffend EU-Bürgern ausgehandelt, um seinen Landsleuten den Verbleib bei der Europäischen Union schmackhaft zu machen. Ebenso hat er erreicht, dass ergänzende Sozialleistungen nur an jene ausgezahlt werden müssen, die bereits vier Jahre im Land arbeiten.

Standard schreibt ungenau

Ob das hilft, die Briten weiter in der EU zu halten, ist eine andere Frage. Trotzdem indiziert das Urteil nicht, was der Standard zwischen den Zeilen zu schreiben versucht, nämlich, dass das Kindergeld für ausländische Kinder gestrichen wird. Denn die Obersten Richter in Luxemburg haben sich keineswegs dazu geäußert, dass Großbritannien die Kindergeldsätze für EU-Ausländer senken oder gar einstellen darf, wenn die Kinder in den jeweiligen Herkunftsländern leben. Also auch Großbritannien muss, bleibt es weiter in der EU, enorme Summen an Kinder zahlen, die in Ländern leben, wo eine gesamte Familie von diesen Zahlungen ihr Auskommen findet.

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