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Der linke Terror der 1970er Jahre fand in der Flugzeugentführung nach Entebbe einen Höhepunkt.

17. Juli 2016 / 06:21 Uhr

40 Jahre nach der linksradikalen Flugzeugentführung von Entebbe: Der Terror ist näher denn je

Am 4. Juli jährte sich die spektakuläre Geiselbefreiung auf dem Flughafen von Entebbe/Uganda zum vierzigsten Mal. Aus diesem Anlass besuchte Israels Premier Benjamin Netanjahu den Ort des damaligen Terrordramas. Für den israelischen Regierungschef besteht überdies eine ganz persönliche Verbindung zu den damaligen Ereignissen. Sein Bruder Yonatan Netanjahu, Einsatzleiter der Spezialeinheit „Sayeret Matkal“, kam als einziger israelischer Soldat bei diesem Kommando ums Leben. Später trug Benjamin Netanjahu selbst viel dazu bei, seinen verstorbenen Bruder als nationalen Helden zu stilisieren und dies als politisches Sprungbrett zu nutzen.

Gastkommentar von Michaela Kolade-Imrich

Am 27. Juni 1976 wurde die Air-France-Maschine Flug 139 auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris bei einer Zwischenlandung in Athen von vier Terroristen gekapert. Es handelte sich dabei um ein „Terror Joint-Venture“ bestehend aus zwei Angehörigen der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ und zwei Mitgliedern der linken deutschen „Revolutionären Zellen“, Wilfried Böse und Brigitte Kuhlmann. Das Kommando lief unter dem Namen „Che Guevara“. Die Maschine wurde zum Auftanken zu einer Zwischenlandung im libyschen Bengasi gezwungen. Von dort ging es zielgerichtet weiter ins ugandische Entebbe, wo der damalige unberechenbare pro-palästinensische Schreckensdiktator Idi Amin Dada den Terroristen Unterstützung bot.

Die Terroristen stellten die Forderung nach Freilassung von 53 gefangenen Sympathisanten und Mitstreitern in Israel, Deutschland, Kenia, der Schweiz und Frankreich, ansonsten würden alle 257 Geiseln und 12 Besatzungsmitglieder erschossen. Vor Ort in Entebbe wurden sie durch weitere Terroristen und ugandische Soldaten unterstützt. Die Geiseln wurden nach Personen mit israelischer/jüdischer Herkunft und anderen Nationalitäten räumlich getrennt.

Gewagte Mossad-Operation mit Toten

Die Politik, sprich französische und israelische Unterhändler, spielte auf Zeit und konnte das ursprünglich auf vier Tage anberaumte Ultimatum um weitere drei Tage verlängern. Während dieser Zeit wurde vom israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad intensiv an einem Befreiungsplan gefeilt. In der Nacht auf den 4. Juli starteten schließlich vier Herkules-Maschinen von Israel aus in das 4.000 Kilometer entfernte Entebbe, wobei auf dem gesamten Flug alle Radare unterflogen wurden, um größtmögliche Geheimhaltung der geplanten Operation zu gewährleisten.

Obwohl die Befreiungsaktion erfolgreich zu Ende gebracht werden konnte, kam es dennoch zu einigen Pannen, in Folge derer Yonathan Netanjahu sowie drei Geiseln ihr Leben im Kugelhagel verloren. Lange Zeit wurde die Tatsache der Todesopfer von israelischer Seite dementiert oder geheim gehalten, um den Heldenmythos dieses zweifelfrei bis dato gewagtesten und mutigsten Geiselbefreiungsschlages nicht zu untergraben. Alle überlebenden Geiseln und ihre Befreier wurden auf dem israelischen Flughafen Ben Gurion euphorisch empfangen.

Der gern verschwiegene, linke Terror

In der damaligen Ära von Flugzeugentführungen, Terroranschlägen und Entführungen von Politikern und Personen des öffentlichen Interesses wurde die Welt über die Berichterstattung in Angst und Schrecken versetzt. Es waren Ereignisse wie der Anschlag bei den Olympischen Spielen 1972, auf die OPEC in Wien 1975 oder auch die abscheulichen Entführungen von Hanns Martin Schleyier, Jürgen Ponto oder Siegfried Buback 1977 durch die linke RAF in Deutschland, die uns vor unseren Fernsehgeräten mit Entsetzen und Kopfschütteln zurückließen.

Aus heutiger Betrachtung heraus war der verabscheuungswürdige Terror dieser Tage ein beinahe „greifbarer“, einschätzbarer. Man konnte die Ziele bis zu einem gewissen Grad erahnen, die gesuchten Terroristen waren großteils bekannt, deren Fahndungsbilder an sämtlichen öffentlichen Orten plakatiert und es gab gewisse Verhandlungsspielräume, die manches Mal, wie in Entebbe, Zeit verschafften um einzugreifen. Der Brutalität und dem Schrecken tat dies freilich keinen Abbruch. Was allerdings aus heutiger Sicht noch viel erstaunlicher zu sein scheint, ist die Tatsache, dass eben dieser Terror von skrupellos gewaltbereiten Linken ausging.

Von einer „Roten Armee Fraktion“ (RAF) bis hin zu den linken Antisemiten des Kommandos „Che Guevara“ von Entebbe: Damals nahm die linke Öffentlichkeit diese Vorgänge kaum zur Kenntnis und verurteilte diese auch nicht. Spätestens seit Entebbe hätte es in der deutschen Linken eine ausführliche Debatte über linken Antisemitismus geben müssen. Einzig Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit haben sich in späterer Folge, wohl auch in der Hoffnung auf mögliche europäische Politkarrieren, von gewaltbereiten Linken distanziert.

Die andere „Qualität“ des heutigen Terrors

Der Terror allerdings, mit dem wir uns dieser Tage konfrontiert sehen, ist von ganz anderer „Qualität“. Er hat keine „Gesichter“ mehr, die man steckbrieflich suchen könnte, er trifft nicht nur die in der Öffentlichkeit agierenden Eliten oder Erdölorganisationen. Er ist nicht mehr „verhandelbar“. Der heutige, importierte Terror mit seiner religiös interpretierten, menschenverachtenden Dimension kann uns alle treffen, in Stadien, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Shopping Malls, im täglichen Leben. Ausgeführt von gesichtslosen jungen Menschen, verführt und irregeleitet durch das Versprechen von einem Leben als Märtyrer im Paradies mit 70 Jungfrauen an dern Seite – um den Preis des eigenen und ungezählter unschuldiger Leben.

Nichtzuletzt der erst kürzlich verübte, verheerende Terroranschlag im französischen Nizza verdeutlicht, dass der Terror näher denn je ist.

Michaela Kolade-Imrich ist in Wien als freie Publizistin tätig. Sie bereiste den afrikanischen Kontinent für viele Jahre und verweilte auch einige Zeit in Uganda.

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