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Die Verfassungsrichter deckten bei der Bundespräsidenten-Stichwahl mehr auf als nur “Formfehler”.

15. Juli 2016 / 10:57 Uhr

Verfassungsrichter haben “erhebliche Zweifel” an Richtigkeit der Bundespräsidenten-Stichwahl

Von wegen keine Anhaltspunkte für Manipulationen bei der Bundespräsidenten-Stichwahl am 22. Mai! Während die Mainstream-Medien und Wahlkampfhelfer von Alexander Van der Bellen die Annulierung der Wahl durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) gerne herunterspielen, den Grund dafür in "Formfehlern" suchen, liest sich die Urteilsbegründung der Verfassungsrichter doch ganz anders. Da wird in der Klagsvorbringung von "Bedenken hinsichtlich möglicher Manipulationen" und von "Falschbeurkundung" gesprochen.

Wahlkarten ohne Beisitzer ausgezählt

Auf der Seite 6 geht es um den Bezirk Villach-Stadt und da sticht dem objektiven Betrachter folgender Absatz ins Auge:

Der  Umstand,  dass die von den Wahlbeisitzern  *****  und  *****  verlangte Protokollierung der Gesetzwidrigkeit  –  trotz Zusage des Leiters der Bezirkswahlbehörde, Bürgermeister *****  – nicht in die Niederschrift aufgenommen wurde, ändert  nichts  an  der  objektiv  nachgewiesenen  Gesetzwidrigkeit,  sondern  verstärkt  sogar  Bedenken hinsichtlich möglicher Manipulationen,  die  das  Gesetz aber gerade ausschließen  möchte.  Die in Punkt G der Niederschrift  (Seite  3 f)  festgehaltene Darstellung,  wonach das von § 14a BPräsWG vorgesehene Prozedere eingehalten wurde,  stellt  eine Falschbeurkundung dar. Die in der Niederschrift getroffenen  Feststellungen sind unrichtig, als richtigerweise die Auswertung und  Auszählung der Wahlkarten tatsächlich bereits am  22.05.2016 ohne die  Mitwirkung und/oder Beobachtung durch Mitglieder der Bezirkswahlbehörde (Wahlbeisitzer) stattgefunden hatte.

Wahllokale und Wahlkarten: Eklatante Ergebnisunterschiede

Unglaublich ist der Umstand, dass bei die Auszählung der Wahlkarten offenbar Wahlbeisitzer fehlten. Wen wunderts, dass die Verfassungsrichter im Bezirk Villach-Stadt das Ergebnis der Wahlkartenstimmen als "auffällig" bezeichneten. Auf der Seite 7 werden die Richter daher ziemlich deutlich:

Gerade dieser eklatante Unterschied zwischen dem Wahlergebnis bei den in den Wahllokalen abgegebenen Stimmen  (56,18% für Ing. Hofer bzw. 43,82%  für Dr. Van der Bellen)  im Vergleich zu dem Ergebnis der Wahlkarten (37,9% für Ing. Hofer bzw. 62,10% für Dr. Van der Bellen)  erweckt bei objektiver Betrachtung erhebliche Zweifel an der Richtigkeit  und Korrektheit des bereits am 22. 05. 2016 ohne die Beiziehung von Wahlbeisitzern und Wahlzeugen ermittelten  Ergebnisses der Wahlkartenauszählung für den Stimmbezirk Villach  Stadt.

82 Stimmzettel zu wenig, 23 Stimmzettel zu viel

Und das alles ist nur im Bezirk Villach-Stadt passiert! Was ging denn da in anderen Bezirken alles ab? Was in Wien, wo am 18. September im 2. Wiener Gemeindebezirk die Bezirksvertretungswahl 2015 wiederholt werden muss. Auch hier haben die Verfassungsrichter das ursprüngliche Ergebnis annuliert, weil die Schlamperei bei der Auszählung der Wahlkarten augenscheinlich war: Bei der ersten Auszählung durch die Bezirkswahlbehörde einen Tag nach der Wien-Wahl wurden 82 Stimmzettel weniger als abgegebene Wahlkarten gezählt. Eine Woche später ergab eine zweite Zählung der Stadtwahlbehörde, dass 23 Stimmzettel mehr abgegeben wurden als Wahlkarten. Wie es zu dieser Differenz kam, bleibt unklar.

"Da wird halt immer ein bisschen geschummelt"

Bei all diesen Vorkommnissen und Hinweisen, dass in Moscheen und in Pensionistenheimen Wahlkarten kollektiv ausgefüllt würden, wird jeder Urnengang zum weiteren Kriminalfall. "Da wird halt immer ein bisschen geschummelt", sagte der langjährige Profil-Chefredakteur Herbert Lackner im ORF. Er bagatellisierte Betrügereien bei Wahlen und konnte es kaum fassen, dass die Verfassungsrichter die Bundespräsidenten-Stichwahl annulierten.

Nur Geldbuße für ÖVP-Wahlfälscher in Tirol

Dass die Briefwahl Manipulationen Tür und Tor öffnet, weiß Lackner genauso wie viele Bürger. Vergehen nachzuweisen, sind aber schwierig. Das zeigt der Fall in der Gemeinde Gries am Brenner in Tirol, wo erst der Nachfolger des Bürgermeisters dahinter kam, dass sein Vorgänger bei der Bürgerbefragung zum Asylheim 500 Stimmzettel gefälscht hatte. Der Altbürgermeister (ÖVP) war geständig, kam aber – und das ist der nächste Skandal – mit einer Geldbuße davon.

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