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Kurdischer Peschmerga-Kämpfer an der Mossul-Front: Vor allem die Kurden erwarten sich viel für die Zeit nach dem IS.

23. Juli 2016 / 20:40 Uhr

Operation “Fatah” läuft an: Schlacht um Mossul droht mörderisches Blutbad zu werden

Noch während im gerade erst zurückeroberten Falludjah die letzten versprengten IS-Kämpfer gejagt werden, läuft, wie der Spiegel online berichtet, mit der Operation „Fatah“ (arabisch für „Eroberung“) der möglicherweise finale Schlag gegen das „Kalifat“ des IS im Irak: die Rückeroberung Mossuls. Die Erdöl-Metropole im Nordosten des Landes galt mit rund drei Millionen Einwohnern als zweitgrößte Stadt des Landes – bis sie im Juni 2014 von den Dschihadisten erobert wurde.

Alle Nicht-Moslems wurden vom IS vertrieben, versklavt, getötet

Von der multi-religiösen Bevölkerung mit arabischen und kurdischen Moslems, Turkmenen, Jesiden, Christen und Juden leben heute gerade noch einige hunderttausend Moslems in der besetzten Stadt, in der grausame Hinrichtungen, Plünderungen und Vergewaltigungen seit zwei Jahren an der Tagesordnung sind. Die Christen und Jesiden etwa wurden ausnahmslos vertrieben, versklavt oder getötet. Einer dieser Christen, Franko Paulus, erzählt in der neuesten Ausgabe von Unzensuriert-TV, wie er und seine Familie diese dramatischen Tage erlebt haben.

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Fragile Allianz aus Kurden, Schiiten, Sunniten, Armee und Amis

Mittlerweile ist die durch den IS rundherum schwer befestigte Stadt von einer seltsamen Befreiungs-Allianz aus kurdischen Peschmerga-Einheiten, der irakischen Armee, sunnitischen wie schiitischen Milizen, Stammes-Kriegern und US-Marines quasi umstellt. Jede dieser Einheiten hat schon einmal gegen eine andere aus diesem Bündnis gekämpft. Der Kampf gegen den IS eint sie – noch. Derzeit versucht man gemeinsam, umgebende Dörfer wie Kajara im Süden Mossuls von den Islamisten zu säubern, um Kommandozentralen und Flugfelder einrichten zu können. Der IS wiederum ist fieberhaft dabei, Bunker, Tunnelsysteme und Sprengfallen im gesamten Stadtgebiet zu bauen und nicht mehr benötigte Infrastruktur Richtung Syrien zu schaffen, wo noch keine unmittelbare Bedrohung herrscht.

Mossul-Staudamm als latentes Katastrophen-Szenario

Die schlimmste Katastrophe, nämlich eine drohende Sprengung des Mossul-Staudammes am Tigris, der im August 2014 kurzfristig vom IS erobert und mit Bomben bestückt worden war, scheint gebannt, wie die Zeit in einer spannenden Reportage berichtet. Eine Zerstörung dieses Bauwerkes hätte eine 20 Meter hohe Flutwelle Richtung Mossul und weiter Richtung Bagdad zur Folge, wo die Welle immer noch vier Meter hoch wäre. Evakuierungs- oder andere Notfalls-Pläne existieren nicht, man rechnet im Ernstfall mit rund 500.000 Toten. Doch kurdische Peschmerga haben den Damm wenige Wochen später wieder zurückerobert und bewachen ihn seither mit aller Kraft. Ein wichtiges Faustpfand, auch für die Zeit nach dem IS, denn die Kurden sehen Mossul als Teil ihrer bereits bestehenden autonomen Region im irakischen Nordosten.

"Take no prisoners": Stalingrad des mittleren Ostens droht

Eine kombinierte Boden-Luft-Offensive – schon jetzt fliegen US-Bomber täglich Einsätze über Mossul – würde der Anti-IS-Koalition früher oder später einen Sieg bringen. Die Frage ist nur, wie teuer dieser erkauft werden muss. Da die Islamisten wissen, dass ihnen kaum Gnade droht, werden sie in üblich selbstmörderischer Manier agieren und möglichst viele Zivilisten mit ins Grab oder als Geiseln nehmen. Es droht also eine mörderische Schlacht ohne Gefangene auf beiden Seiten.

Bange Frage: Was kommt nach dem IS?

Was danach kommt, weiß niemand. Jene, die in der Stadt geblieben sind und zumindest teilweise mit dem IS kollaborierten, fürchten die Rache der Heimkehrer. Da viele vertriebene oder ermordete Minderheiten wie etwa die Christen gar nicht mehr existieren, wird sich auch das religiös-soziale Gefüge der Stadt völlig wandeln. Dabei werden vor allem die Interessen der Kurden, der Schiiten und der Sunniten aufeinanderprallen. Welche Rolle die irakische Armee als „Joker“ dann spielt oder spielen muss, ist völlig offen.

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