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Die Briefwahl ist – wie nicht zuletzt die Kleberposse zeigt – fehler- und missbrauchsanfällig. Dennoch soll sie weiterhin allen Wahlberechtigten möglich sein, wenn es nach SPÖ, ÖVP, Grünen und Neos geht.

13. September 2016 / 12:30 Uhr

Briefwahl wird mit Zähnen und Klauen verteidigt: Für wen eigentlich?

Um die Bundespräsidenten-Stichwahl auf den 4. Dezember zu verlegen, werden jetzt alle Hebel in Bewegung gesetzt – bis hin zu einer Verfassungsänderung. Die Regierungsparteien sowie Grüne und Neos wollen nämlich beschließen, dass es keine Wiederholung der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Stichwahl mehr gibt, sondern eine neue Bundespräsidentenwahl mit zwei verfassungsgesetzlich festgelegten Exklusivkandidaten: Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen.

Verfassungsgerichtshof per Verfassungsgesetz ausgebremst

Nur so ist es beispielsweise möglich, die Wählerevidenz zu erweitern, denn der VfGH hatte angeordnet, die Wahl mit den bisherigen Wahlberechtigten zu wiederholen. Die Verfassungshüter werden nun durch ein Verfassungsgesetz ausgebremst – in Österreich leider eine von Rot-Schwarz mit meist grünem Anhängsel langjährig geübte Praxis.

Obwohl nun also enorme gesetzliche Fleißaufgaben gemacht werden, bleibt die Ursache der aufgetretenen Probleme unberührt: die Briefwahl. Sie war – durch die gesetzeswidrige Auszählung – verantwortlich für die Wahlwiederholung und nun – wegen der schlecht klebenden Kuverts – auch für die Verschiebung. Dennoch herrscht hier – mit Ausnahme der FPÖ – breiter Konsens, jedem Bürger weiterhin die Möglichkeit zu geben, seine Stimme per Post auf die Reise zu schicken.

Kein Grundrecht auf Briefwahl

Van der Bellen verstieg sich sogar zu der Bemerkung, die Forderung der FPÖ nach Einschränkung der Briefwahl, verletze ein Grundrecht. Das ist natürlich Unfug. Denn das Grundrecht besteht in der Möglichkeit der Teilnahme der Wahl, aber nicht in der Art der Stimmübermittlung.

Generell stellt sich die Frage, welche Wählergruppen hier von diesem breiten Bündnis von Grünen bis ÖVP protegiert werden sollen. Wer sind diese Menschen, die nur mittels Brief wählen können? Versuchen wir also, die Gruppe mittels Ausschlussmethode zu ermitteln:

  • Auslandsösterreicher und Personen, die sich zum Wahlzeitpunkt nachweislich im Ausland aufhalten, sollen weiterhin per Brief wählen dürfen. Dafür ist auch die FPÖ. Für diese Personen bleibt also alles wie bisher.

  • Personen, die am Wahltag arbeiten müssen, könnten ihre Stimme bei vorgezogenen Wahltagen abgeben, wie dies auf Landesebene bereits erfolgreich erprobt wurde.

  • Personen, die sich am Wahltag nicht an ihrem Hauptwohnsitz, aber in Österreich befinden, können in jedem Wahllokal mittels Wahlkarte ihre Stimme abgeben.

  • Personen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt, krank oder pflegebedürftig sind, können von mobilen Wahlkommissionen aufgesucht werden und dort ihre Stimme abgeben.

Fällt Ihnen jetzt noch jemand ein, dem unbedingt die Möglichkeit der Briefwahl eingeräumt werden müsste? Eigentlich nicht, denn wer will, der kann nun ganz gewiss wählen gehen.

Wer bleibt noch übrig?

Freilich könnte die Wahlbeteiligung, deren Ankurbelung als Totschlagargument der Briefwahl-Befürworter dient, dennoch ein wenig leiden, denn folgende Gruppen würden nun möglicherweise nicht mehr wählen:

  • Menschen in Alten- und Pflegeheimen, die nicht mehr in der Lage oder willens sind, sich an Wahlen zu beteiligen, für die aber bisher durchaus Briefwahlkarten bestellt und auch ausgefüllt worden sein sollen.

  • Menschen in Zuwanderer-Parallelgesellschaften, die zwar österreichische Staatsbürger sind, aber kein Interesse an politische Partizipation haben – ganz im Gegensatz zu den Vorsitzenden ihrer Religions- und Kulturvereine, die sich mit hoher (Brief-)Wahlbeteiligung für üppige Subventionen bedanken.

Wer auch diesen Personen unter allen Umständen ein Briefwahlrecht einräumen will, der nimmt bewusst in Kauf, dass das freie und geheime Wahlrecht in großem Stil verletzt wird. Dass zumindest manche der politischen Protagonisten dies im Wissen tun, von diesen Wahlrechtsverletzungen stimmenmäßig zu profitieren, stellt ihnen als Demokraten ein schlechtes Zeugnis aus.

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