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Schweizer Bürger sind gegenüber Ausländern zu bevorzugen (Bild: Sitz der Kantonsregierung des Tessin in Bellinzona).

28. September 2016 / 07:12 Uhr

Wähler im Schweizer Kanton Tessin haben entschieden: Schweizer wichtiger als Ausländer

Der italienische Außenminister Paolo Gentiloni warnt, die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU seien in Gefahr.

Grund für diese Warnung ist eine (in Staaten der Europäischen Union nicht übliche Volksabstimmung) im italienischsprachigen Kanton Tessin (Tessin ist auch jener Kanton, der ein Burka-Verbot durchgesetzt hat). Dort haben sich am Sonntag 58 Prozent der Wähler dafür ausgesprochen, Schweizer Bürger gegenüber Pendlern aus dem EU-Ausland bei der Job-Vergabe zu bevorzugen.

Zuerst an die eigenen Leute denken

„Zuerst die Unseren“ nannten die Organisatoren des Referendums ihr Anliegen. Und es ging ihnen darum, dass bei gleicher Qualifikation ein Schweizer Staatsbürger die Stelle erhalten sollte, und nicht ein EU-Ausländer, der zugleich seinen Wohnsitz im Ausland (im Tessiner Fall Italien) hat. Denn eben diese Grenzgänger würden „Lohndumping“ betreiben, also für weit weniger Geld als Schweizer arbeiten.

Italien droht mit Gegenmaßnahmen

Die an das Tessin angrenzende, italienische Region Lombardei drohte nach Bekanntwerden des Abstimmungsergebnisses mit „angemessenen Gegenmaßnahmen“. Und auch die EU zeigt sich über den demokratischen Wählerwillen im Nicht-EU-Land Schweiz ernsthaft besorgt. Ein Sprecher der EU-Kommission meinte, dass dieses Votum die ohnehin komplizierten Verhandlungen mit der Schweiz über die Personenfreizügigkeit „nicht einfacher machen“ wird.

Schweizer schon 2014 „gegen Masseneinwanderung“

Im Jahre 2002 schloss die Schweiz mit der EU ein Freizügigkeitsabkommen ab, wodurch ein weitgehender Zugang zum europäischen Binnenmarkt für die Schweiz erreicht wurde. Allerdings gab es dann 2014 die Eidgenössische Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung“, die von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) in die Wege geleitet wurde.

In diesem landesweiten Referendum sprach sich die Mehrheit der Schweizer Wahlberechtigten für Beschränkungen für Saisonarbeiter oder Pendler aus den Nachbarländern aus. Bei einer überdurchschnittlich hohen Stimmbeteiligung gab es ein Volksmehr (Mehrheit der gültig abstimmenden Bürger) von 50,3 Prozent und ein Ständemehr (Mehrheit der Kantone) von zwölf und 5/2 Ständen.

Seitdem wird zwischen der EU und der Schweiz verhandelt, wie diese Volksinitiative in der Schweiz umgesetzt werden kann, ohne das Recht auf Freizügigkeit für Bürger der EU einzuschränken.

EU nicht kompromissbereit

Freilich zeigt sich die EU in dieser Frage derzeit wenig kompromissbereit. Denn nach dem Brexit müsste jedes Zugeständnis an die Schweiz in der Freizügigkeitsfrage auch dem künftigen Nicht-EU-Land Großbritannien gewährt werden. Denn die Briten wollen auch nach ihrem Austritt möglichst uneingeschränkten Zugang zum gesamteuropäischen Binnenmarkt. Allerdings wollen die Briten ebenso die Einwanderung aus EU-Staaten in ihr Land beschränken.

Diese Einschränkung kommt aber für die EU nicht in Frage, weil für den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker die Freizügigkeit der Arbeitnehmer einschließlich der Niederlassungsfreiheit (bis hin zur Masseneinwanderung) „untrennbar“ mit dem Zugang zum Binnenmarkt verbunden sind. Und auch für die Schweiz, so ein Sprecher der EU-Kommission, ist diese Untrennbarkeit „grundlegend“ für weitere Gespräche, weswegen ihr „noch ein langer Weg“ bevorstehen soll.

EU wird Druck auf Schweiz erhöhen

Trotz dieser unverhohlenen Drohung gegen die Schweiz kann sich die EU nicht über den Wählerwillen der Schweizer hinwegsetzen. Allerdings darf man gespannt darauf sein, mit welchen „demokratischen“ Maßnahmen die EU die Schweiz zur Raison bringen möchte.

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