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Élysette, der Sitz des Wallonischen Parlaments in Namur. Von dort aus kann man CETA vielleicht noch verhindern

15. Oktober 2016 / 15:00 Uhr

Belgischer Föderalismus könnte CETA noch kippen – FPÖ kämpft ebenso weiter gegen den Handelspakt

Dass die SPÖ nun doch auf den CETA-Zug aufgesprungen ist, war eigentlich klar, weil nicht erwartet werden konnte, dass sich Kanzler Kern gegen seine SPD-Parteifreunde in Deutschland oder gar gegen die Befehlshaber (Juncker, Schulz etc.) aus Brüssel stellt. So gab er nach dem SPÖ-Parteipräsidium am Freitag grünes Licht für das umstrittene Freihandelsabkommen mit Kanada.

Kern sind Bauern, Arbeitnehmer, Konsumenten und Unternehmer egal

Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Johannes Hübner, außen- und europapolitischer Sprecher der FPÖ, analysiert den Umfaller Kerns in einer Presseaussendung so:

Spätestens mit dem Ergebnis des heutigen SPÖ-Parteipräsidiums hat sich Bundeskanzler Christian Kern endgültig entzaubert. Da mag sich Kern öffentlich noch so sehr als Linker und Anwalt der sogenannten 'kleinen Leute' in Szene setzen, mit dem CETA-Beschluss haben Kern und seine Genossen heute bewiesen, dass ihnen die Interessen der heimischen Bauern, Arbeitnehmer, Konsumenten sowie Unternehmer herzlich egal sind.

Deswegen hatten die Freiheitlichen im EU-Unterausschuss des Nationalrates die Mitglieder der Bundesregierung und insbesonders den Bundekanzler aufgefordert, „im Europäischen Rat sowie in allen anderen EU-Gremien gegen die vorläufige Anwendung, den Abschluss und die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens CETA zu stimmen“.

Norbert Hofer ein Garant gegen CETA und TTIP

Dazu Johannes Hübner:

Natürlich wissen wir jetzt schon, dass die vom transatlantischen Geist durchdrungene ÖVP unseren Antrag ebenso wie die SPÖ ablehnen wird. Somit ist es dann gewissermaßen amtlich, dass sich diese Regierung offen gegen die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung stellt. Wir – und allen voran Norbert Hofer – bleiben unserem Standpunkt treu. Die FPÖ lehnt sowohl das Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) als auch jenes mit den USA (TTIP) ab. Wir vertreten nämlich die Interessen der österreichischen Bevölkerung und der heimischen Unternehmen und nicht jene der EU-Nomenklatura und nordamerikanischer Agrarkonzerne und Industriegiganten.

Vertrag soll am 27. Oktober unterschrieben werden

Der EU-Fahrplan würde, auch wegen der zu erwartenden Zustimmung der österreichischen Bundesregierung, so lauten: Nächsten Dienstag soll CETA von den EU-Ländern einmal gebilligt werden, bevor man diesen Vertrag am 27. Oktober gemeinsam mit der kanadischen Regierung unterschreibt.

Keine Vollmacht für belgische Zentralregierung

Allerdings könnte das alles doch nicht so glatt gehen, wie es sich die EU vorstellt, weil sich das Regionalparlament der Wallonie in Belgien gegen CETA ausgesprochen hat. Der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette erklärte, dass man der Zentralregierung in Brüssel keine Vollmacht erteilen werde.

Belgien ist ein Bundesstaat, der aus sechs Gliedstaaten besteht und zwar aus drei Regionen (Flandern, Wallonien und Brüssel-Stadt) sowie drei Gemeinschaften (die flämische, die wallonische und die deutschsprachige). Alle sechs, sich teilweise überschneidende Gliedstaaten (die deutschsprachige Gemeinschaft gehört etwa zu Wallonien) haben eigene Parlamente, deren Entscheidungen für das Gesamtparlament in Brüssel bindend sind.

CETA könnte durchaus scheitern

Nach diesem föderalen System Belgiens besteht nun die Möglichkeit, dass der Zentralregierung Belgiens, die für den Handelspakt eintritt, das Mandat fehlt, CETA am 18. Oktober im Kreis der EU- Minister zu billigen und am 27. Oktober zu unterzeichnen.

Unmittelbar nach dem Votum des wallonischen Parlaments will niemand in der EU-Kommission über ein Scheitern des Pakts spekulieren. Vorsichtig äußerte sich ein Sprecher der Kommission, dass ja am Dienstag der Rat der EU-Handelsminister stattfände und es einen Prozess gäbe, „der sich bis dahin entwickeln wird“.

Zeitgerechte Umsetzung fraglich

Freilich ist damit nicht gesagt, ob es Brüssel tatsächlich gelingt, CETA zeigerecht umzusetzen. Natürlich wird bereits argumentiert, dass die Gemeinschaft nicht mehr glaubwürdig wäre, falls der aufwendig ausgehandelte und zuletzt mit einem „Beipackzettel“ ohne irgendwelche Neuerungen (dank Kanzler Kern) ergänzte Pakt nicht zustande käme. Doch noch existieren in der EU demokratische Strukturen (Föderalismus), die einen zentralistischen Einheitsstaat („Vereinigte Staaten von Europa“) vorläufig in Schranken weisen können.

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