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Die Kakao-Produktion in Venezuela könnte einer der neuen Exportschlager werden.

20. Oktober 2016 / 18:35 Uhr

Venezuela auf der Suche nach neuen Märkten

Angesichts einer Inflationsrate im mittleren dreistelligen Bereich sucht Venezuela nach einem alternativen Instrumentarium zur vom Preisverfall gebeutelten Erdölproduktion. Einen Ausweg aus der wirtschaftlich angespannten Lage erblickt Jesús Faría, Venezuelas Minister für Außenhandel und internationale Investitionen, im Exportsektor.

Gastbeitrag von Michael Johnschwager

Das aktuelle Konjunkturbarometer zeige eine eindeutige Tendenz zu Exporten. Diese in absehbarer Zeit zu intensivieren, räumt der Minister höchste Priorität ein. Mit seiner Initiative befindet sich Faría im Gleichschritt mit anderen lateinamerikanischen Ländern, die seit geraumer Zeit die Förderung der sog. nicht traditionellen Produkte auf die Agenda gesetzt haben. Mit bemerkenswerten Erfolgen, wie der seit den 1980er Jahren betriebene Tagebergbau im Norden Kolumbiens (El Cerrejón) beweist. Die geförderte Kohle wird seither international vermarktet.

Im Grunde hat Venezuela Zugriff auf eine stattliche Anzahl von Produkten, für die im Ausland rege Nachfrage herrscht. So verlautbaren deutsche Schokolade-Produzenten, dass sie händeringend auf der Suche nach neuen Kakao-Produzenten sind. Schokolade erfreut sich ungebrochen großer Beliebtheit, auch über die Grenzen Deutschlands hinaus.

Kolumbien als Vorbild für Venezuela

Im Nachbarland Kolumbien hat man frühzeitig auf Diversifikation gesetzt. So entstanden im Hochland um die Hauptstadt Bogotá vor über 30 Jahren Treibhäuser für Nelken. Während der langen Wintersaison in Nord- und Mitteleuropa haben Nelken als quasi unverzichtbare  Blume bei Beerdigungen ihren Ursprung in dem Andenstaat. Venezuela könnte diesem Beispiel folgen, denn die Anden des Bundesstaates Táchira weisen ähnliche klimatische Voraussetzungen auf. Die tropischen Regionen beider Länder bringen zudem mannigfaltige Sorten an Orchideen quasi als Wildwuchs hervor. Exporteure jenseits des Atlantiks, ebenso wie der hiesige Blumenhandel wissen Orchideen gleichermaßen zu schätzen. Sie garantiert ihnen einträchtige Margen.

Der Tageszeitung Neues Deutschland sagte Faría in einem kürzlich veröffentlichten Interview: „Unser Ansatz ist, die Wirtschaft zu stabilisieren, ohne einen sozialen Kahlschlag zu provozieren. Wir wollen eine Schocktherapie auf jeden Fall vermeiden.“ Die Stabilisierung will Faría schrittweise angehen. Das gelte auch für „die Ernährungssicherheit, bei der wir derzeit große Probleme haben“, wie die realistische Einschätzung des Ministers ohne Umschweife lautet.

Florierender Grenzverkehr trotz diplomatischer Irritationen

Ausländische Investitionen in den Erdgas-, Petroleum- und Minensektor Venezuelas belaufen sich auf 12 Milliarden US-Dollar. Der auf Kolumbien entfallende Anteil venezolanischer Exporte hingegen ist von einem Abwärtstrend gekennzeichnet. Dieser liegt laut Angaben der bilateralen Handelskammer CAVECOL bei 20 Prozent. Das entspricht einem Handelsvolumen von aktuell 90 Millionen US-Dollar. Trotz mancher Irritationen auf diplomatischem Parkett florierte der ökonomische Grenzverkehr, von dem Venezolaner und Kolumbianer gleichmaßen profitierten.

Wie lautete einst ein Motto der US-Demokraten in der Wahlkampagne von Bill Clinton: It’s the economy, stupid.“

Michael Johnschwager, 1949 in Hamburg geboren, war als Außenhandelskaufmann von 1980 bis 1990 in Kolumbien, Venezuela und Honduras privatwirtschaftlich, sowie in Entwicklungsprojekten in Costa Rica in beratender Funktion im Einsatz. Seit 2004 ist Johnschwager als fremdsprachlicher Dozent und Autor mit Schwerpunkt Lateinamerika freiberuflich tätig.

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