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Aus Fukushima nichts gelernt. Schiedsgerichte werden der Atomlobby die Möglichkeit geben, Atomkraftwerke einzuklagen, selbst wenn ein Staat einen Ausstieg planen würde.

3. November 2016 / 10:30 Uhr

Gewaltige Summen für Aufräumarbeiten nach Nuklearkatastrophe in Japan sind kein Grund, auf Atomkraft zu verzichten

Die Nuklearkatastrophe von Fukushima begann nach einem heftigen Erdbeben am 11. März 2011 und lief gleichzeitig in vier von sechs Reaktorblöcken des Atomkraftwerks ab, wobei es in drei Blöcken (1, 2 und 3) eine Kernschmelze gab. Durch diese wurden große Mengen an radioaktivem Material freigesetzt – etwa 15 EBq Xe-133 (etwas mehr als die doppelte Menge von Tschernobyl) – und kontaminierten Luft, Erdboden, Wasser und Nahrungsmittel der gesamten Umgebung.

Ungefähr 170.000 Personen wurden aus dem verseuchten Gebiet ausgesiedelt.

Milliardengrab Fukushima 

Nun gibt es in Japan Berechnungen, wonach sich die Folgekosten dieser Atomkatastrophe auf jährlich mehrere Milliarden Euro pro Jahr belaufen werden, obwohl man die gravierenden Umweltschäden für den Pazifik gar nicht eingerechnet hat.

Derzeit wendet man etwa 700 Millionen Euro jährlich auf, um die Schäden zu beseitigen. Doch nach Angaben des japanischen Industrieministers Hiroshige Seko werden sich die Kosten bald vervielfachen, wie eine staatliche Kommission festgestellt hat, die einen Finanzplan für den Fukushima-Betreiber TEPCO (The Tokyo Electric Power Company) machen soll. TEPCO steht seit dem Nuklearunfall unter Kontrolle des japanischen Staates.

Andere AKW-Betreiber sollen helfen

Um diese enormen Kosten überhaupt tragen zu können, schlägt die staatliche Kommission vor, entweder Teile von TEPCO zu verkaufen, es gänzlich zu zerschlagen oder dieses Energieversorgungsunternehmen mit anderen AKW-Betreibern in Japan zusammenzuschließen.

Letztere Idee würde höchstwahrscheinlich die wirtschaftlichste sein, doch es gilt als sicher, dass sich die privaten AKW-Betreiber dagegen wehren werden, ihren Beitrag zur Schadensbekämpfung zu leisten, weil sie selbst unter einem Erfolgsdruck stehen. Denn derzeit sind von 42 Reaktoren in Japan nur zwei in Vollbetrieb.

Atomausstieg rückgängig gemacht

Ursprünglich hatte Japan geplant, nach dem von der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse eingestuften „Major accident“ (Katastrophaler Unfall, Höchststufe 7, ähnlich wie Tschernobyl) gänzlich auf Atomenergie zu verzichten. Allerdings konnte sich die Atom-Lobby durchsetzen, weswegen von dieser politischen Ansage wieder Abstand genommen wurde.

Mindestens 40 weitere Jahre Strahlenbelastung

TEPCO selbst ist bei den Aufräumungsarbeiten ebenfalls säumig, denn es wurde noch nicht einmal mit der Bergung und Entsorgung der geschmolzenen Brennstäbe in den drei völlig niedergebrannten Reaktoren begonnen. Außerdem kämpft der Energiekonzern erfolglos gegen den Abfluss radioaktiven Wassers in den Pazifik.

Experten schätzen, dass der Abriss der Reaktoren und eine Ende der Strahlenbelastung nicht vor vierzig Jahren zu erwarten ist. Ebenfalls kann oder will niemand von TEPCO sagen, welche Kosten insgesamt tatsächlich zu erwarten sind.

Atomkraftwerke werden durch Schiedsgerichte Aufwind bekommen

Allerdings ist unabhängig von der Kostendiskussion davon auszugehen, dass die Atomkraft weiter ein bestimmender Faktor in der weltweiten und europäischen Energiegewinnung bleibt. Die in den Verträgen CETA und TTIP enthaltenen Schiedsgerichte werden schon dafür sorgen, dass die (Atom)-Industrie nicht zu kurz kommt, wenn Einzelstaaten auf die Idee kämen, eventuell aus Umweltschutzgründen das eine oder andere Kraftwerk zu schließen.

Übrigens: Der staatliche schwedische Energiekonzerns Vattenfall verklagte schon heuer Deutschland vor dem ICSID (Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten) auf 5 Milliarden Euro Schadensersatz wegen der Abschaltung der Kernkraftwerke aufgrund der Nuklearkatastrophe von Fukushima.

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