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Die Karlsbadverschwörung: Autor Norbert Nemeth alias S. Coell und Verleger Andreas Mölzer (von links).

13. April 2017 / 13:12 Uhr

Die Karlsbadverschwörung: Wie ein Spitzel der Reaktion die Urburschenschaft infiltrierte

Der jüngst erschienene Roman „Die Karlsbadverschwörung“ führt uns in die Zeit nach dem Ende der Napoleonischen Kriege und den Beginn der Heiligen Allianz. Autor S. Coell – im bürgerlichen Leben Norbert Nemeth, Direktor des Freiheitlichen Parlamentsklubs – knüpft dabei an sein Erstlingswerk „Im Schatten des Gracchus“ an.

Wieder ist der Metternich-Vertraute Friedrich von Gentz die zentrale Figur des historischen Geschehens. Richtete sich sein Wirken im „Gracchus“ gegen eine jakobinische Verschwörung, hat er hier das Streben der akademischen Jugend und des Bürgertums nach Freiheit und der Schaffung einer einigen, deutschen Nation auf demokratischer Grundlage im Visier. In der Gründung der Urburschenschaft und dem selbstbewussten Auftreten einer sich konstituierenden politischen Richtung für ein neues Gesamtdeutschland mit einer protestantischen Staatsreligion sieht er – wie bei den französischen Jakobinern – eine Gefahr für die von ihm zu verteidigende heilige Ordnung.

Militärakademiker als Spitzel eingesetzt 

Die Grundsätze der Urburschenschaft „Gott, Ehre, Freiheit, Vaterland“, übernommen aus den Befreiungskriegen, fasste Gentz als Kriegserklärung gegen die Fürstenhäuser und die universalistische heilige katholische Kirche auf, die für den Protestanten Gentz ein Bollwerk gegen alle neuen, für ihn revolutionären Gedanken darstellte. In der Person von Steinmetz, einem karrierebewussten Absolventen der Militärakademie, findet er einen geschickten Spitzel, den er im Zuge des Allgemeinen Deutschen Burschentages 1818 in Jena in den Kreis der von ihm ausgemachten Verschwörer einsickern lässt.

Nur seinem Auftrag verpflichtet, tastet sich Gentz’ Spitzel Steinmetz in den sogenannten innersten Kreis des innersten Kreises in Jena vor. Bei den philosophischen Ideologen und ihren akademischen Freundeskreisen ansetzend, macht er sich zielbewusst auf die Suche nach den vermeintlich tatbereiten Kadern innerhalb der neuen Bewegung. Er macht die „Unbedingten“ als zentralen Kern aus und springt in diese akademische Gemeinschaft ein, um sie für seinen Auftrag rücksichtslos zu benützen. Hier begegnet er auch Karl Ludwig Sand, dem späteren Attentäter auf August von Kotzebue.

„Unbedingte“ werden zum Spielball der Manipulation

In bedingungsloser Pflichterfüllung manipuliert er die Gemeinschaft der „Unbedingten“, gibt Gentz Bericht und entfacht auf Weisung seines Auftraggebers in Wien schlussendlich jene Taten, die es den Reaktionären erlauben, zum Gegenschlag auszuholen. Die von Gentz geplante Anspannungsphase kann in die herbeigesehnte Auslösungsphase übergehen.

Steinmetz schreckt auch vor Mord gegenüber dem Bundesbruder nicht zurück, um Fakten für Gentz und dessen Pläne zu produzieren. Letztendlich wird auch Sand indirekt zu seinem Instrument und verlängertem Arm beim Mordanschlag gegen Kotzebue. Gentz hat endlich das Material auf seinem Tisch, das es ihm ermöglicht, die Karlsbader Beschlüsse 1819 herbeizuführen und damit den Verbot der Burschenschaften und der jungen Freiheitsbewegung umzusetzen.

Wiege der Burschenschaften und Agentenleben 

Dem Autor gelingt es nicht nur, ein authentisches Bild des Verbindungslebens an der Wiege der Burschenschaften wiederzugeben, sondern er arbeitet in der „Karlsbadverschwörung“ auch die subversive Tätigkeit eines eingeschleusten Geheimdienstagenten in dieser Zeit heraus, die durchaus auch Parallelen zu heutigen „verdeckten Aktionen“ in politischem Kontext zulässt.  

„Die Karlsbadverschwörung“ von S. Coell, erschienen im Verlag Zur Zeit, zu bestellen in der Buchhandlung Stöhr zum Preis von 19,90 Euro.

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