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In Marokko ist es offenbar notwendig, Schminktipps für verprügelte Frauen zu geben

29. November 2016 / 20:00 Uhr

Andere Länder, anderes Fernsehen – Schminktipps für verprügelte Frauen

Style und Aussehen ist heutzutage besonders wichtig, weswegen es unzählige Fernsehsendungen gibt, wo man/frau erfährt, wie man sich gut und trendig kleiden soll oder wie man mit perfekter Schminke gewisse Fehler in seinem Gesicht vertuschen kann.

Alltagsleben in Marokko

Dass diese Fehler allerdings nicht nur von Mutter Natur herrühren müssen, konnte man im staatlichen marokkanischen TV-Sender M2 beobachten, wo von einer fröhlich plaudernden Visagistin demonstriert worden ist, wie man perfekt Gewaltspuren (Schwellungen und Hämatome um die Augen und an den Wangen) mittels Schminke wegpinseln kann. Anschließend meinte die Schönheitsspezialistin (nach einer Übersetzung vom Guardian): „Wir hoffen, dass diese Schönheitstipps Ihnen helfen werden, Ihr Alltagsleben fortzuführen.“

Offensichtliche häusliche Gewalt

Zwar gab es sogar in dem Islamischen Land Marokko nach Ausstrahlung dieses Beitrages in einer Sendung namens Sabahiyat einen ziemlichen Shitstorm, zumal eindeutig zu erkennen war, dass die im Gesicht misshandelte Frau nicht gegen einen Ast bei der Gartenarbeit gelaufen ist, sondern offensichtlich häuslicher Gewalt ausgesetzt wurde.

Notwendigkeit für solche Tipps

Doch dürfte eine gewisse Notwendigkeit für derartige Beiträge bestehen, wenn man sie in einer Sendung bringt, die am Vormittag um 11 Uhr ausgestrahlt wird. Auch die Themen Kochen, Mode und Schminktipps richten sich vornehmlich an Hausfrauen. Und dass familiäre Gewalt gegen Frauen in Marokko ein gewaltiges Problem ist, berichtete kürzlich auch die Menschrechtsorganisation „Human Rights Watch“.

Sender nahm Beitrag aus dem Netz

Ob dieses Problem mit dem Islam (diese Religion ist dort Staatsreligion) im Zusammenhang steht, braucht nicht näher erörtert werden. Allerdings nachdem ein Proteststurm auf den Fernsehsender niederprasselte, entschuldigte sich dieser für die Ausstrahlung und nahm den Beitrag sogar aus dem Netz.

In einer Klarstellung auf Facebook gab der Sender zusätzlich bekannt, dass der Beitrag dem schwerwiegenden Problem der Gewalt gegen Frauen unangemessen und eine redaktionelle Fehleinschätzung gewesen wäre. Auf eine Entschuldigung folgte dann noch die Ankündigung, dass „die nötigen Maßnahmen“ gegen die Verantwortlichen des Fehlers getroffen werden würden.

Dass allerdings Ehemänner in Verantwortung genommen werden, die ihre Frauen verprügeln, fehlt noch in den marokkanischen Gesetzen.

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