Die Toponomastik, deutsch Ortsnamenkunde, beschäftigt sich damit, wie Orte oder Gegenden heißen oder zu heißen haben. In Südtirol etwa wurde durch mehrere faschistische Ortsnamendekrete (1923, 1940, 1942) festgeschrieben, wie Städte, Dörfer, Täler, Berge etc. amtlich genannt werden müssen. Erfinder dieser größtenteils Phantasienamen für das deutsch und teilweise ladinisch besiedelte Tirol südlich des Brenners war der italienische Senator und faschistische Politiker Ettore Tolomei, der 12.000 deutsche und ladinische Orts- und Flurnamen ins Italienische übertragen hat.
Faschistische Dekrete heute noch gültig
Und auch wenn das diktatorische Regime Benito Mussolinis, welches die Deutsche Kultur Südtirols völlig auslöschen wollte, längst verschwunden und Italien mittlerweile wieder eine demokratische Republik ist, haben diese teilweise völlig an den Haaren herbeigezogenen Namen auch heute noch ihre amtliche Gültigkeit und müssen ob der noch immer in der italienischen Republik gültigen, faschistischen Ortsnamendekrete in der amtlichen Toponomastik der Autonomen Provinz Bozen verwendet werden.
Italienische Namen auch aus post-faschistischer Zeit
Allerdings existieren in Südtirol ebenso noch eine Reihe von pseudoitalienischen Orts- und Flurnamen, die nicht aus der nationalistischen Gedankenwelt von Ettore Tolomei stammen und erst später, teilweise weit nach dem zweiten Weltkrieg, erfunden und eingeführt worden und natürlich nicht in den Ortsnamendekreten festgeschrieben sind.
Die Landtagsfraktion der Süd-Tiroler-Freiheit sieht es daher als wesentliche Aufgabe, solche Fälle aufzudecken und die betroffenen Gemeinden mit dieser nicht amtlich vorgeschriebenen Italienisierung zu konfrontieren.
„Lana di Gais“ existiert de jure gar nicht
Ein Beispiel von mehreren betrifft den Weiler Lanebach in der Gemeinde Gais Dieser Weiler Lanebach wird unverständlicherweise auch als „Lana di Gais“ bezeichnet, obwohl nach dem Pressesprecher und Toponomastikexperten der Landtagsfraktion Süd-Tiroler Freiheit, Cristian Kollmann, der Name „Lana di Gais“ de jure gar nicht existiert, weil er nicht in den faschistischen Ortsnamendekreten erwähnt wird. Selbst in den italienischen Militärkarten des „Istituto Geografico Militare“ findet sich kein „Lana di Gais“, freilich sehr wohl der Name „Lanebach“.
Pseudoitalienische Schöpfung entfernen
Demzufolge, und auch aus jenem Grund, dass die Namensgebung „Lana di Gais“ historisch völliger Unsinn ist, rät die Süd-Tiroler Freiheit der Gemeinde Gais eindringlich, diese pseudoitalienische Schöpfung „Lana die Gais“ auf den Hinweis- bzw. Ortsschildern zu entfernen und auch sonst nicht mehr zu verwenden.
Von dieser Hinweis-Aktion auf die auftretende Neo-Italienisierung, die kein Gesetz vorschreibt, erwartet sich die Süd-Tiroler Freiheit, dass ein Umdenken stattfindet und weitere Gemeinden einzelne Exempel statuieren. Daher fordert Cristian Kollmann: „Die Gemeinden sollen zumindest dort, wo keine gesetzliche Verbindlichkeit besteht, auf pseudoitalienische Orts- und Flurnamen verzichten und sich auf die Authentizität der Orts- und Flurnamen besinnen.“
Gemeinde Gais fast zu 100 Prozent deutschsprachig
Allerdings stellt sich zuletzt die Frage, weshalb man in Gais überhaupt auf die Idee gekommen ist, einen kleinen Nebenort der Gemeinde, der höchstwahrscheinlich sehr wenige Italiener beherbergt, zu italienisieren. Zum Vergleich die Sprachgruppen (laut Volkszählung 2011) in der gesamten Gemeinde Gais bei etwas über 3.200 Einwohnern: 97,05 Prozent deutsch, 2,65 Prozent italienisch, 0,29 Prozent ladinisch.
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