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Die bloße Selbstinszenierung vor Medienvetretern wird für Mitterlehner auf die Dauer zu wenig sein.

21. Dezember 2016 / 18:00 Uhr

Der innerparteilich schwer angeschlagene ÖVP-Obmann versucht die Flucht nach vorne

Montagvormittag lud ÖVP-Obmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner zu einem „Vorweihnachtlichen Medienbrunch“ in ein Wiener Hotel. Es war wohl ein verzweifelter Versuch der positiven Selbstdarstellung.

Gespielte oder tatsächliche Selbstüberschätzung?

„Er wirkt locker und selbstsicher wie länger nicht mehr. Es scheint ganz so, als habe die ÖVP, also die Mitterlehner-ÖVP, die Bundespräsidentschaftswahl gewonnen und nicht die Grünen, die ihren Sieg soeben im innerparteilichen Streit verspielen“, beschreibt Presse-Redakteur Oliver Pink den Auftritt des Vizekanzlers, den er gemeinsam mit seinem Adlatus Werner Amon absolvierte. Was der ÖVP-Chef bei diesem Medienbrunch überwiegend von sich gab, beschreibt der Journalist als „buntes Potpourri seiner Ansichten“.

Freiheitliche „Altherrentruppe“

Kein gutes Haar ließ Mitterlehner an seinem neu auserkorenen Feindbild, der FPÖ. Dass eine „Altherrentruppe“ der FPÖ nun nach Moskau reise, sei vom Zeitpunkt her höchst unsensibel, dozierte der Vizekanzler, um dann geschmacklos zu ergänzen: „Gerade, dass sie nicht Aleppo als Ziel gewählt haben.“ Und überhaupt habe die FPÖ in der Europafrage Erklärungsbedarf.

Geradezu grotesk ist die Bezeichnung der FPÖ-Delegation als „Altherrentruppe“. Der freiheitliche Bundesparteiobmann HC Strache ist gerade einmal 47 Jahre alt, Norbert Hofer 46, Johann Gudenus 40 und Harald Vilimsky 50. Als was bezeichnet der 61-jährige (!) Reinhold Mitterlehner dann „seinen Präsidenten“ Alexander van der Bellen (72)?

ÖVP will Flüchtlingspolitik gedreht haben

In der Frage der unkontrollierten Masseneinwanderung scheint Mitterlehner auf die Vergesslichkeit der Menschen zu setzen. So verkündete er, dass es die ÖVP vor einem Jahr nicht nur geschafft habe, „die Situation in Österreich zu drehen“, sondern die Politik in ganz Europa beeinflusst hätte. Was er vergessen hat dazu zu sagen ist, dass seine Partei lange die Politik des Durchwinkens an der Grenze mitgetragen hat.

Erst als die Zustände untragbar geworden waren, begann man zaghaft eine Grenzsicherung anzudenken, die bis heute löchrig ist. Abschiebungen von kriminellen oder abgelehnten Asylwerbern sind zudem die Ausnahme und nicht die Regel, obwohl seine Partei den zuständigen Innenminister stellt. Und als Clou dachte sich die ÖVP eine „Flüchtlings-Obergrenze“ aus, die durch Zahlentricksereien gar nicht erreicht werden kann. Für die weitgehende Schließung der Balkan-Route gesorgt hat in erster Linie Ungarns Regierungschef Viktor Orban, der sich für dieses Verdienst von Österreichs Regierung wüst beschimpfen lassen musste.

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