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Unwissenheit oder Absicht? “Der Standard” schließt aus Inseratenausgaben wohlwollend auf Kerns gesamtes Werbebudget.

1. Feber 2017 / 13:26 Uhr

Lügenpresse-Watch: Rosstäuscher bejubeln Kern als Werbe-Sparefroh

Es muss nicht immer gleich eine offensichtliche faustdicke Lüge sein – ein wenig Kreativität bei der Schaffung „alternativer Fakten“ reicht häufig zur Stimmungsmache. So wie Der Standard in seinem Etat-Artikel vom 25. Jänner 2017 mit einer kleinen Wortdreherei Kanzler Kern zum ultimativen Sparmeister in Sachen Regierungs-(Eigen-)Werbung macht.

Dabei verbirgt sich bereits in der Schlagzeile eine Unwahrheit: Während die vom Standard genannte Quelle der Information, der Politikanalyse-Blog Die Substanz, richtig schreibt dass das INSERATENVOLUMEN des Bundeskanzleramts im 3. Quartal 2016 gegenüber dem 3. Quartal 2015 um rund 50 Prozent geringer war, titelt Der Standard: Kern halbiert Faymanns WERBEBUDGET.

Werbung ist mehr als Zeitungsinserate

Sollte der Redakteur den Unterschied zwischen Inseratenvolumen und Werbebudget nicht kennen, hat er in der Etat-Redaktion nichts verloren.

Wie jeder Werbe-Lehrling weiß, sind Inseratenvolumen und Werbebudget zwei unterschiedliche Größen – Inserate machen nur einen (mehr oder weniger großen) Teil des Werbebudgets aus. Neben Inseraten In Medien (hier sogar auf Summen über 5.000 Euro reduziert) gibt es auch noch die großen Brocken für Plakate, Direktmarketing, Druck von Flugzetteln, Broschüren, Anzeigen in Monatsmagazinen, Fachzeitschriften, etc.

Halbierung in schwachem Quartal nach Kerns Start

Tatsächlich beträgt das im Standard-Artikel bejubelte, auf 312.000 Euro halbierte Inseratenvolumen des Bundeskanzleramtes nur weniger als ein Prozent(!) der im selben Zeitraum (gemeldeten!) staatlichen oder staatsnahen Werbeausgaben in Höhe von 34,9 Millionen Euro.

Auch ist der Rückgang der Anzeigenkosten in einem Quartal noch lange keine generelle Halbierung des Budgets, wie es der Artikel suggerieren will. Lediglich während einer relativ kurzen Zeitspanne von drei Monaten wurden eben weniger Inserate platziert (bzw. verrechnet oder beauftragt – je nach Betrachtungsweise).

Abgesehen davon muss man auch aufmerksam analysieren, welchen Umständen diese Kern‘sche Sparleistung tatsächlich geschuldet ist.

Das 3. Quartal (1. Juli – 30. Septemper 2016) begann gerade einmal 6 Wochen nach Kerns Amtsantritt. Es war also kaum Zeit genug für den neuen Kanzler, um mit „seiner“ Werbung zu beginnen. Schließlich benötigt ein neues Werbekonzept Vorlaufzeit und Anzeigenraum wird meist auch nicht so schnell bestellt und geliefert wie eine Pizza. Nachdem Faymann wohl keine Inserate für die Zeit nach seinem Abdanken bestellt haben wird, sagt dieses Quartal also kaum wirklich etwas aus.

Was kam danach im Bundespräsidenten-Wahlfinale?

Einen Einfluss auf die Werbeausgaben hatte wohl auch der Bundespräsidenten-Wahlkampf. In dem Zusammenhang wird es interessanter sein zu sehen, wie hoch die Ausgaben im 4. Quartal  der letzten Stichwahl waren. Das ist gewiss aussagekräftiger als wie viel Geld in der Übergangsphase Faymann/Kern verplant und während des Sommerlochs ausgegeben wurde.

Doch nicht so clever? Standard-Leser gehen Zeitung auf den Leim

Des Standards Quelle, der Journalist Johannes Huber und sein Blog dieSubstanz.at, zeigt durchaus die nüchterne Wahrheit, dass während Kern die Inseratenausgaben halbierte, der Finanzminister diesen Aufwand vervierfachte. Unterm Strich sanken die Ausgaben der Regierung für Boulevard-Anzeigen damit lediglich um 200.000 Euro (von 1,8 auf 1,6 Millionen). Darüber schweigt sich Der Standard in seinem Loblied auf den „Werbeknauserer“ Kern aber gnädig aus.

Interessant sind auch die vielen zustimmenden Leser-Postings im Standard-Forum, sollte man doch annehmen, dass diese Rubrik vor allem von Medien- und Werbefachleuten frequentiert wird. Scheinbar fällt die Trickserei mittlerweile nicht einmal mehr diesen Profis auf.

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