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Im Auftrag des türkischen Präsidenten Erdogan wird in Deutschland Wahlkampf in eigener Sache betrieben.

20. Feber 2017 / 19:00 Uhr

Propaganda-Tour für Erdogans Volksbegehren in Deutschland

Die deutsche Bundesregierung schrammt momentan wieder einmal gänzlich an der, von ihr propagierten Linie der „Integration um jeden Preis“ vorbei. Ganz im Gegenteil wird durch ihre Haltung oder vielmehr fehlende Positionierung zum Thema der Massenveranstaltungen Erdogan-treuer türkischer Politiker in Deutschland das rasante Wachstum einer ohnehin schon schwelenden Parallelgesellschaft im Land aktiv unterstützt. Das Bundesland Nordrhein-Westfalen fordert nun „diplomatisches intervenieren“ von Seiten der Bundesregierung, wie auch epochtimes.de zu berichten weiß.

Rot-Grün in NRW wollen keine Auftritte türkischer Politiker

Der nordrhein-westfälische Innenminister Rainer Schmeltzer (SPD) etwa äußerte sich gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger dahingehend, dass es wegen der Größe der türkisch-stämmigen Bevölkerung damit zu rechnen sei, dass Herr Erdogan einen Auftritt in seinem Land plane. Die Regierung wolle aber in NRW keinen solchen Auftritt, so Schmeltzer.

Grund und Auslöser dafür dürfte zweifellos der „wahlkampfmäßig anmutende“ Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Binal Yildirim am Samstag im nordrhein-westfälischen Oberhausen gewesen sein. Diese Massenveranstaltung wurde von Schmelzer mit den Worten, es sei geradezu skurril, dass der türkische Ministerpräsident keinerlei Skrupel habe von der deutschen Demokratie und den Freiheitsrechten zu profitieren, während die türkische Regierung im eigenen Land Oppositionelle und Regierungskritiker hinter Gitter bringe. Weiter meinte er, solche Auftritte könnten den Keil der Spaltung weiter in die deutsche Gesellschaft treiben.

Es werde dies mit großer Sorge gesehen, NRW seien jedoch die Hände gebunden, hier sei nun zunächst die Bundesregierung gefordert. Der Landesregierung hätte die Veranstaltung am Samstag Bauchschmerzen bereitet, erklärte Schmeltzer.

Wahlkampfveranstaltung für bevorstehende türkische Volksabstimmung

Der Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten in Deutschland war keineswegs zufällig gewählt. In seiner Rede vor tausenden frenetisch jubelnden AKP-Anhängern hatte er doch unmissverständlich für die Einführung des Präsidialsystems geworben, das in der Türkei am 16. April per Volksabstimmung zum Entscheid steht.

Erdogan plant mit der Verfassungsreform für ein Präsidialsystem seine Macht weiter zu stärken. Nach dem gescheiterten „Putschversuch“ im Juli letzten Jahres wurde der im Land verhängte Ausnahmezustand mittlerweile bereits zweimal verlängert. Zahlreiche Medienunternehmen wurden geschlossen und zehntausende Staatsbedienstete entlassen.

Bei einem Anteil von 1,5 Millionen türkischen Staatsbürgern und knapp 3 Millionen türkisch stämmigen deutschen Bundesbürgern (statistischer Wert 2015) zahlt sich eine solche Wahlkampftour im Sinne Erdogans in jedem Falle aus.

Yildirim hatte am Sonntag vor Journalisten angekündigt, dass Staatspräsident Erdogan ebenfalls beabsichtige zu den türkischen Bürgern Europas zu sprechen. In welcher Stadt sei noch unklar, es werden jedoch bereits Vorbereitungen dahingehend getroffen, erklärte der türkische Ministerpräsident. In der Vergangenheit hatte man Recep Tayyip Erdogan bereits zwei Mal eine Bühne für seine Wahlkampf-Propaganda geboten, im Jahr 2008 sowie 2014 hatte er bereits in Köln Gelegenheit bekommen vor tausenden Anhängern in Deutschland zu agitieren.

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Erdogan auch wieder in Österreich?

Nach diesem "Aufschrei der Linken" in Deutschland könnte möglicherweise auch Österreich ins Visier der Planer von Erdogas "Europa-Auftritt" rücken. Immerhin leben in Österreich knapp 115.000 türkische Staatsbürger und rund 300.000 Menschen mit türkischen Wurzeln.

Erst letzte Woche Donnerstag war der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu auf Einladung der Europäischen Türkischen Demokraten (UETD) in Köln zu einem Vortrag über allgemeine Themen unter anderem zu Terrorismusfragen, gewesen. Unzensuriert.at hatte im Zusammenhang mit den Razzien gegen Ditib darüber berichtet.

Vorwürfe von Wagenknecht an Merkel

Sahra Wagenknecht, Bundesvorsitzende der Linken im Bundestag erhob Vorwürfe gegen Kanzlerin Angela Merkel im Zusammenhang mit Yildirims Besuch am Wochenende. Dies sei eine weitere Unterwerfungsgeste Merkels gegenüber Erdogan, Merkel würde den Propagandafeldzug des türkischen Machthabers in Deutschland ermöglichen, so Wagenknecht. Dies hätte die Bundesregierung verhindern können und müssen, die Bundesregierung lasse Werbeauftritte für die Errichtung einer islamischen Diktatur zu. Man solle sich lieber für die Freilassung von inhaftierten Oppositionellen und Journalisten in der Türkei einsetzen, erklärte Wagenknecht gegenüber der Welt.

Sogar die deutschen Grünen „auf den Barrikaden“

Der Vorsitzende der deutschen Grünen Cem Özdemir forderte die Koalitionspartner SPD und Union dazu auf, Maßnahmen gegen Erdogan-Anhänger in den eigenen Reihen zu ergreifen. Nach allem was er wisse, täten sich die Koalitionsparteien sehr schwer hier klare Kante zu zeigen. Wer bei den Grünen Mitglied sei könne nicht gleichzeitig Folter und Unterdrückung gutheißen, so der Seitenhieb Özdemirs. Wir dürften eine Parallelgesellschaft mit Angst und Denunziation nicht achselzuckend hinnehmen, erklärte Özdemir gegenüber der Saarbrücker Zeitung.

Der abermalige Kniefall von Kanzlerin Merkel in Ankara zeigt also unmittelbare Wirkung, aber was tut man denn nicht alles von Seiten Europas um den „Flüchtlingsstrom“ in Grenzen und scheinbar auch den türkischen Machthaber bei Laune zu halten?

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