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Beeindruckende Mehrheit im ungarischen Parlament für neues Asylgesetz.

8. März 2017 / 15:49 Uhr

Ungarn beschließt eingeschränkte Bewegungsfreiheit für Asylwerber

Das ungarische Parlament hat mit 138 zu sechs Stimmen (bei 22 Enthaltungen) eine Gesetzesänderung angenommen. Es handelt sich um eine Regelung, die alle derzeit in Ungarn lebenden (580) und alle zukünftig nach Ungarn kommenden Flüchtlinge betrifft.

Vorläufige Einschränkung der Bewegungsfreiheit

Bis das Asylverfahren abgeschlossen ist, haben die Schutzsuchenden an dafür vorgesehenen Orten zu verweilen, an denen sie jegliche, natürlich auch medizinische Versorgung erhalten. Es handelt sich dabei um provisorische Siedlungen, die bis zur Entscheidung über das Verfahren nicht verlassen werden dürfen.

Ebenso sieht das Gesetz vor, dass Asylanträge ausschließlich bei einer Einreise über die Transitzonen und nicht, wenn man illegal ins Land kommt, gestellt werden können. Der Aufenthalt in diesen Transitzonen ist den Flüchtlingen freigestellt, denn sie können diese jederzeit Richtung Serbien, von woher sie gekommen sind, verlassen.

Bei Identitätsverweigerung wird Asylverfahren eingestellt

Auch beschloss man, die Asylverfahren zu beschleunigen. Der Flüchtling hat das Recht, einen Einspruch gegen einen abgelehnten Antrag zu stellen. Die Behörde ist dann verpflichtet, diesen Einspruch innerhalb von drei Tagen an das Gericht weiterzuleiten. Der Asylwerber darf dann persönlich in der Transitzone oder per Telefon seinen Einspruch vorbringen.

Wenn allerdings der Asylwerber Probleme mit seiner eigenen Identifizierung macht, keine Fingerabdrücke geben möchte oder sich nicht fotografieren lassen will, ist den Behörden das Recht gegeben, das Asylverfahren unverzüglich einzustellen.

Derzeit wartet die EU-Kommission noch mit einer Bewertung des ungarischen Parlamentsbeschlusses ab. Ein Sprecher aus Brüssel gab bekannt, dass man sich das Gesetz erst genau anschauen werde.

Grün-Politikerin sieht Menschrechtsverletzung aber keine potentiellen Terroristen  

Für die österreichische Grün-Politikerin Alev Korun ist die abwartende Haltung aus Brüssel nicht richtig. Sie fordert die Kommission zum Eingreifen gegen Ungarn auf, weil für sie die vorläufige Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Personen, bei denen man noch nicht weiß, ob sie überhaupt asylberechtigt sind, den „Grundwerten und Grundfreiheiten“ widersprechen soll. Sie sieht in dieser Einschränkung der Bewegungsfreiheit für Personen, unter denen sich auch islamistische Terroristen befinden könnten, sogar eine zentrale Menschenrechtsverletzung Ungarns und meinte in einer Aussendung, die EU „muss entschlossen gegen diesen Grund- und Menschenrechtsabbau Widerstand leisten. Sonst hat sich Europa selbst aufgegeben“.

Kurzzeitige Bewegungseinschränkung soll psychische Wirkung haben

Auch die Vereinten Nationen zeigen sich über die demokratische Entscheidung des ungarischen Parlaments entsetzt. Das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) behauptete, dass das neue Gesetz der vorläufigen Verwahrung in Containersiedlungen eine furchtbare psychische und physische Wirkung auf Menschen haben wird, die bereits viel Leid erfahren hätten.

Allerdings stellt sich dabei die Frage, ob die psychische und physische Wirkung eines kurzzeitigen Aufenthaltes in einem Flüchtlingsquartier, wo man rundum versorgt wird, schlimmer ist, als die Entbehrungen und Schrecken durch die Bombardements und Zerstörungen im Heimatland (falls es sich bei den Asylwerbern tatsächlich um Flüchtlinge handelt).

Migration ist trojanisches Pferd des Terrorismus

Für den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán befindet sich sein Land in der Flüchtlingskrise immer noch „im Belagerungszustand“. Zwar hätte sich der Migrantenansturm etwas verlangsamt, gab der Ministerpräsident in einer Stellungnahme bekannt, doch ein Ende der ungezügelten Migration sei noch nicht absehbar. Für Viktor Orbán ist die Migration sogar „das trojanische Pferd des Terrorismus“.

Auch, so erklärte er weiter, würden sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben Millionen Menschen auf den Weg machen. Doch diese Migranten haben gar nicht die Absicht, „auf der Grundlage unserer Kultur leben“ zu wollen. Die Migranten wollen ihre eigene Kultur behalten, „jedoch auf europäischem Niveau“.

Um nach der Dublin-Verordnung die EU-Außengrenze zu schützen, verstärkt Ungarn derzeit seinen Zaun an der Grenze zu Serbien, weil es weiterhin zur illegalen Einreise zahlreicher Migranten mit Schleppern kommt.

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