Der Gründonnerstag steht bei der Katholischen Kirche wieder ganz im Zeichen der traditionellen Fußwaschungen. Weniger traditionell, aber dafür inflationär in seiner Ausbreitung ist das Waschen (und Küssen) von Flüchtlings-Füßen, wie es Wiens Erzbischof Christoph Schönborn heuer bereits zum zweiten Mal praktizieren will. Papst Franziskus hatte in den letzten Jahren mit der alten römisch-katholischen Tradition gebrochen und Frauen, ja sogar Moslems zur Fußwaschung eingeladen – das macht jetzt auch andernorts Schule.
Papst Franziskus änderte Kirchenrecht und wusch sogar Moslems
Dem Gedenken an Jesus, der einen Tag vor seiner Kreuzigung seinen zwölf Jüngern nach dem letzten Abendmahle zum Zeichen der Demut die Füße wusch, waren noch bis zu Papst Benedikt XVI. (2005 bis 2013) ausschließlich katholische Männer, meist Bischöfe oder Priester, vorbehalten. Erst Papst Franzsikus vollzog das Ritual 2013 plötzlich an Häftlingen und änderte danach sogar das Kirchenrecht, indem er auch Frauen und andere Religionsangehörige dazu berechtigte – was für große Aufregung in konservativen Kirchenkreisen sorgte.
Weltweites Wetteifern um Fußwaschungs-Exoten
So wird Franzikus die Fußwaschung heuer in einem Hochsicherheitsgefängnis südlich von Rom vornehmen. Münchens Kardinal Reinhard Marx (nomen est omen) nimmt sich ein Beispiel und die Waschung heuer an zwölf Flüchtlingshelfern vor – Flüchtlinge wusch er schon im Vorjahr. Einen etwas anderen (und weniger gutmenschlichen) Zugang hat Manilas Kardinal Luis Antonio Tagle: Er vollzieht den Ritus an Drogenabhängigen, Polizisten und Angehörigen ohne Prozess hingerichteter Drogenkonsumenten. Tagle will damit ein Zeichen gegen den mörderischen Anti-Drogen-Feldzug von Philippinen-Präsident Rodrigo Duterte setzen.
Firmlinge und Flüchtlinge im Stephansdom
Weniger Phantasie zeigt da die Erzdiözese Wien: Wie ein Sprecher auf unzensuriert-Nachfrage erklärte, werde Erzbischof Schönborn Donnerstag Abend je sechs Firmlingen und Flüchtlingen die Fußwaschung angedeihen lassen. Ob er sich damit unter Moslems oder auch vielen Christen besondere Sympathien erwirbt, scheint fraglich.
Wer trotzdem dabei sein will: Die Liturgie im Stephansdom beginnt um 19.00 Uhr.
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