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Der Vorarlberger Söldner, der vermutlich der in Polen verhaftete mutmaßliche Kriegsverbrecher ist, kämpfte mit dem ukrainischen Donbass-Bataillon. Das Bild zeigt einige von dessen Kämpfern bei der Ausbildung in Kiew.

1. Mai 2017 / 19:55 Uhr

Mutmaßlicher Kriegsverbrecher aus Österreich ist gefeierter Mainstream-Star

An der polnisch-ukrainischen Grenze wurde am Sonntagein 25-jähriger Österreicher beim Versuch festgenommen, in das Bürgerkriegsland einzureisen. Der Mann war per europäischem Haftbefehl gesucht worden. Ihm werden Kriegsverbrechen zur Last gelegt, darunter die Ermordung von gegnerischen Kämpfer, die sich bereits ergeben hatten, und Zivilisten. Wie viele Menschen der Vorarlberger getötet haben soll, ist derzeit nicht bekannt.

Ukrainischer Söldner zunächst zu pro-russischem Kämpfer gemacht

In ersten Berichten über die Verhaftung hieß es, der Mann habe die Verbrechen an der Seite pro-russischer Separatisten begangen, passt dies doch perfekt in die Propaganda-Geschichte, wonach die Bösen ausschließlich „die Russen“ seien. Doch das Gegenteil ist der Fall. Er kämpfte als Söldner an der Seite der offiziellen ukrainischen Armee gegen die Unabhängigkeitsbewegung im Osten des Landes. Schuldig gemacht haben soll er sich bei Kämpfen um dem Flughafen Donezk. Er soll nun nach Österreich ausgeliefert werden.

ORF gibt eindeutigen Hinweis auf Identität

Mehr als das war gestern offiziell nicht zu erfahren, allerdings gab der ORF in der Zeit im Bild einen deutlichen Hinweis auf die Identität des Mannes:

Bei dem Mann handelt es sich vermutlich um einen Vorarlberger, der bereits an mehreren Kriegsfronten gekämpft und österreichischen Medien Interviews gegeben hat. Dabei erzählte er immer wieder von Misshandlungen der Gefangenen.

Kurier setzte dem Söldner ein opulentes Medien-Denkmal

Mit diesen Informationen ist es ein Leichtes, der vermutlichen Identität des mutmaßlichen Kriegsverbrechers auf die Spur zu kommen. Der Kurier setzte ihm erst im Februar 2017 in Form einer aufwändig gestalteten Multimedia-Reportage ein Denkmal. In der Einleitung heißt es:

Der Krieg ist für ihn wie eine Droge, stärker als Heroin: Der 24-jährige Vorarlberger [Name durch unzensuriert gelöscht] zog freiwillig in den Krieg gegen den IS und Russland – heute bereut er das und lehnt Krieg ab.

Das Bereuen dürfte nicht allzu lange angehalten haben, wenn man nun weiß, dass er offenbar erneut in die Ukraine wollte.

Darf man Gefangenen ein Ohr abschneiden?

Der Söldner erzählte dem Kurier von einem „verrückten Kollegen“, der ihn in der Ukraine gefragt habe, ob er einem Gefangenen ein Ohr abschneiden dürfe. „Aber ich bin mir sicher, hätte ich ja gesagt, er hätte es gemacht.“ – Was der Österreicher laut den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt gemacht haben soll, ist noch weit schlimmer als das. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Vorarlberger kämpfte auch in Syrien und davor ebenfalls in der Ukraine

Schon 2013 berichteten zunächst der extrem linke ORF-Radiosender FM4 und danach zahlreiche Mainstream-Portale, dass der damals 22-Jährige in Syrien an der Seite der Kurden gegen die Terrormiliz Islamischer Staat kämpfe. Schon in diesem Interview berichtet er von einem vorherigen Einsatz am Donbass und rechtfertigt ihn ganz im Sinne des russenfeindlichen Establishments:

Ich war beim Bataillon Donbass, unser Haupteinsatzgebiet war in Donezk. Meine Motivation war, dass es total ungerechtfertigt war, was Russland und russische Terroristen und Separatisten dort gemacht haben. Europa hat natürlich nur zugeschaut – deshalb habe ich mich dort [dem Bataillon Donbass] angeschlossen.

Wo bleibt Aberkennung der Staatsbürgerschaft?

Das ist wohlgemerkt fast drei Jahre her. Und das Donbass-Bataillon ist ein freiwilliger Kampfverband, der zwar nicht offizieller Teil der ukrainischem Armee ist, allerdings dem Innenministerium unterstellt ist. Es stellt sich also auch die Frage, warum gegen den Mann noch kein Verfahren zur Aberkennung der Staatsbürgerschaft wegen Eintritt in den Militärdienst eines fremden Landes geführt wurde bzw. wird. Immerhin ist bekannt, dass diverse Söldnertruppe als inoffizielle Bestandteile der ukrainischen Armee in der Ostukraine kämpfen.

Mitleid mit dem Rückkehrer in sein Dorf

Geradezu mitleidig berichtete der Kurier in seiner Hommage an den Austro-Krieger, dass er nun wieder in seinem Heimatdorf im Kleinwalsertal angekommen sei. „Wo sich vermutlich viele denken: Wie kann es sein, dass so einer frei herumläuft?“ – Eine berechtigte Frage, die nun eine Antwort bekommen hat.

Kurier bestätigt Identität

Dass es sich bei dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher tatsächlich um den von der Zeitung portraitierten Söldner handelt, bestätigt der Kurier in seiner morgigen Druckausgabe. Der lange Artikel ist tendenziell von Mitleid gegenüber dem Verdächtigen und von Misstrauen gegenüber der Staatsanwaltschaft geprägt. Im März habe der Söldner den Kurier, zu dem ihn ein ziemlich intensives Verhältnis zu verbinden scheint, zuletzt kontaktiert, was in der Ausgabe vom 2. Mai so wiedergegeben wird:

„Ich glaube nicht an einen Erfolg im ,normalen Leben‘, so wie die Dinge heute stehen, schrieb er. Denn: Einmal Soldat, immer Soldat.

Keine Auskunft zu Fragen der journalistischen Ethik

Unzensuriert hat sowohl den Kurier als auch FM4 gefragt, wie sie ihre damalige Berichterstattung im Lichte der heutigen Entwicklungen sehen, ob sie Kritik, es handle sich um eine Glorifizierung des Krieges und des illegalen Söldnertums, nachvollziehen können und ob die positive Berichterstattung damit zu tun haben könne, dass der Mann gegen die Russen oder – wie es im Kurier wörtlich hieß – den Iwan gekämpft habe. Von beiden Medien erhielten wir keine Antworten.

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