Demokratisch, kritisch, polemisch und selbstverständlich parteilich

Macron ist nicht links und nicht rechts – aber ganz sicher auch keine “Chance für alle”.

10. Mai 2017 / 06:12 Uhr

Die Linke als globalistische Gestaltwandlerin – Das Beispiel Frankreich

Macron gibt Rätsel auf. Offensichtlich hat da kein „Linker“ gegen eine „Rechtspopulistin“ gewonnen.

Kommentar von Caroline Sommerfeld

Sebastian Kurz' Tweet hat die Twitter-Nutzergemeinde verwirrt:

Und auch seine späteren Klarstellungen stellten nichts klarer. Denn dass der frühere sozialistische Präsident Hollande nicht noch einmal angetreten sei, dass der linke Kandidat Mélenchon in der Vorrunde rausgeflogen war, dass die 25 Prozent der Weißwähler etwa allesamt „links“ wären –  das ist nicht der Kern der Sache. Hans Rauscher hat's im Standard so herum zu interpretieren versucht:

Da ging es darum, dass eine Koalition aus Konservativen, Linken und Linksliberalen mit starker Mehrheit gegen Le Pen und für Europa gestimmt hat. Die Wertigkeit dieser Wahl ist klar: Es war eine Wahl gegen extrem rechts.

Links ist in dieser Logik alles, was nicht „extrem rechts“ ist. Interessant, denn dieses Verständnis von „links“ wird rechterseits auch häufig gebraucht: der Mainstream, die herrschende Elite, die Medien sind „linksversifft“ (Alexander Gauland). Links ist, was gegen rechts ist. Ein solcher inhaltsleerer Begriff der Linken definiert sich nur noch über sein verteufeltes Gegenteil und hat einzig darin seine Existenzberechtigung.

Macron ist kein linker Kandidat und kein „Centriste“

So kommen wir nicht weiter. Wenn der Außenminister schreibt, linke Politik sei abgewählt worden, dann hat er in gewisser Weise recht. Denn das, was sich da geschlossen gegen die Front-National-Kandidatin zusammengerottet hat, wie es Konrad Weiß in der „Talk im Hangar 7“-Runde treffend herausgestellt hat, ist nicht mehr wirklich „links“ zu nennen. Macron ist kein linker Kandidat im klassischen Sinne, auch kein „Centriste“, also ein Mann der politischen Mitte, wie sein Beiname überall lautete, sondern die Linke ist eine geschickte Gestaltwandlerin.

Neuer Klassenkampf zwischen Globalisierungsgewinnern und -verlierern

Wenn in der Printausgabe der Presse heute zu lesen ist, dass es sich um ein neues „Klassenschema“ handle, kommt man der Sache schon näher: Der neue Klassenkampf tobt demnach zwischen „Globalisierungsgewinnern“ und „Globalisierungverlierern“. Die Linke – und das ist die historische Farce, um mit Marx zu sprechen – ist dabei in der Rolle der „Globalisierungsgewinner“ zu bewundern. Die Globalisierungsverlierer, die „Abgehängten“, die „forgotten people“, Hillary Clintons „basket of deplorables“, fallen den populistischen Rattenfängern zum Opfer.

Klar, dass dem mitleidigen Blick des aufrechtesten aller selbsternannten Demokratieverteidiger, Robert Misik, dazu nur in altlinker Art und Weise einfällt, die Armen zu befreien, sie auf die gute Seite zurück zu holen:

Das Modell Macron ist kein Modell dafür, wie die Wütenden, Verdrossenen, wie diejenigen, die sich zu Recht als Verlierer und Vergessene fühlen, wieder für demokratische Parteien gewonnen werden können. Und das ist die eigentliche Aufgabe, vor der die progressiven Parteien stehen – und zwar überall.

Globalismus gegen Patriotismus

Macron ist dafür kein Modell, wie wahr. Misik übersieht dabei, dass die „progressiven Parteien“, die vereinigten „demokratischen Parteien“, nicht mehr links sind, sondern nur noch in ihrer gewandelten Gestalt als Globalisierungsparteien existieren. Das neue Links hat Macrongestalt und feiert sich weltweit selbst. Antiglobalismus im ernstzunehmenden Sinne ist, Marine Le Pen sagte es bereits, nur als Nationalismus oder Protektionismus zu haben – und der ist nun einmal politisch rechts zu verorten. Der Gegensatz ist: Globalismus gegen Patriotismus.

Hilfreich dazu ist der Blick zurück nach Frankreich. Alain de Benoists neuestes Buch hat den Titel „Le moment populiste. Droit-gauche, c'est fini!“ (deutsch etwa: Die Stunde der Populisten. Das Ende von rechts-links).

Soziale Frage beschäftigt heute die Rechten

Seine These ist: Der Populismus bringt zum Ausdruck, dass die (horizontale) Links-rechts-Spaltung an Kraft verliert, seitdem die Linke zum Neokapitalismus übergelaufen ist, und die Rechte die Soziale Frage von der Linken übernommen hat. Der Populismus beruht im Gegensatz dazu auf einer vertikalen Spaltung, die von nun an eine viel größere Dynamik entwickeln wird: diejenige zwischen Volk und Elite, zwischen Patrioten und Globalisten, zwischen unten und oben.

Um exakt diese Frage ging es in den USA, in Großbritannien, in Frankreich. Und um exakt diese Frage wird es in Deutschland und in Österreich in diesem Herbst gehen. Bis auf weiteres also: größere Dynamik, vertikal! 

Unterstützen Sie unsere kritische, unzensurierte Berichterstattung mit einer Spende. Per paypal (Kreditkarte) oder mit einer Überweisung auf AT58 1420 0200 1086 3865 (BIC: BAWAATWW), ltd. Unzensuriert

    Diskussion zum Artikel auf unserem Telegram-Kanal:

Politik aktuell

27.

Mrz

17:39 Uhr

Wir infomieren

Unzensuriert Infobrief


Wenn Sie dieses Youtube-Video sehen möchten, müssen Sie die externen YouTube-cookies akzeptieren.

YouTube Datenschutzerklärung

Share via
Copy link