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Armin Wolfs Zynismus richtet sich zumeist gegen FPÖ oder ÖVP. Dass Mitterlehner den ORF-Mann bei seinem Abgang vor Kern und Kurz nannte, macht die Dimension der öffentlich-rechtlichen Verfehlungen deutlich.

10. Mai 2017 / 20:27 Uhr

Totengräber-Vergleich: Mitterlehners Kritik an Wolfs Zynismus erhöht Druck auf umstrittenen ORF-Moderator

Es war nicht Kanzler Kern und auch nicht der Dauerstreit in der eigenen Partei, der Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) heute zu einer überraschend einberufenen Erklärung veranlasst hat. Letzter Auslöser seines Rücktritts von allen politischen Ämtern war – so Mitterlehner – die Berichterstattung über ihn in der gestrigen ZiB2 im ORF, präsentiert vom umstrittenen Moderator Armin Wolf. Damit heizt Mitterlehner die seit einigen Wochen intensiv laufenden Debatte, ob Wolf im öffentlichen-rechtlichen Rundfunk noch tragbar ist, weiter an. Unter Druck geraten, entschuldigte sich Wolf prompt.

Django und die Totengräber

In der ZiB2-Moderation am 9. Mai 2017 über die Querelen in der ÖVP und die Diskussion um ihren Obmann Reinhold Mitterlehner wurde ein Cover des Westerns „Django – die Totengräber warten schon“ eingeblendet. Österreichs öffentlich-rechtliches Fernsehen, welches zur Objektivität verpflichtet ist, machte sich über die Rücktrittsgerüchte Mitterlehners mit diesem geschmacklosen Bild lustig. Django ist der Spitzname des ÖVP-Politikers, den er sich selbst als Mitglied einer katholischen Studentenverbindung gewählt hat.

"Da geht’s um den Menschen, der dahintersteht"

In der heutigen Abschieds-Pressekonferenz nannte der ÖVP-Politiker diese Anmaßung als letzten Auslöser für seinen Entschluss. Wörtlich sagte Mitterlehner:

Und den letzten Mosaikstein in einem eigentlich schon fertigen Bild hat dann der ORF, nämlich die Zeit im Bild zwei, abgegeben und zwar mit der Anmoderation vom Armin Wolf – Cover „Django – die Totengräber warten schon“. Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, wenn ich im „Rabenhof“ bin und wenn ich die „Tagespresse“ lese, finde ich irgendwie pointiert oder gut inszeniert, kann ich vielleicht sogar lachen. Am Schluss haben ja auch die Totengräber ihr Ende gefunden und der Django überlebt immer. Aber ehrlich, die Fragestellung jetzt für ein öffentliches Medium, das Leitmedium im Land, und da geht’s nicht mehr um die Inszenierung, da geht’s um den Menschen, der dahintersteht. Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, finde ich das nicht mehr pointiert, sondern das finde ich fehl am Platz. Und das war auch eigentlich der letzte Punkt, aber ein kleiner Punkt, dass ich zum Selbstschutz, aber auch zum Schutz meiner eigenen Familie jetzt die entsaprechenden Konsequenzen ziehen möchte.

Mit seinen mahnenden Worten gab Mitterlehner einer intensiven Diskussion über den Stil des ORF-Journalisten Wolf weitere Nahrung. Den Führungsgremien im ORF kann es – bei aller parteipolitischer Schlagseite – nicht recht sein, von einem Spitzenpolitiker für seinen Abgang verantwortlich gemacht zu werden.

Chefredakteur und Wolf tut es leid

Entsprechend rasch folgte die Reaktion des Senders. TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher, wichtigster Verbündeter Wolfs im ORF, versuchte sofort, seinen Star und Stellvertreter aus der Schusslinie zu nehmen. Man müsse "zur Kenntnis nehmen, dass dies von Mitterlehner als persönliche Kränkung verstanden wurde, dies tut uns leid", wird Dittlbacher in einer Meldung der Austria Presse Agentur zitiert, die Wolf, verbunden mit einer persönlichen Entschuldigung, auf Twitter verbreitete.

Wolf steht in den letzten Wochen verstärkt im Fokus heftiger Kritik und leistet sich dabei kapitale Schnitzer. ORF-Vizedirektor Thomas Prantner kritisierte, ohne Wolf namentlich zu nennen, dass das TV-Studio bisweilen einem „Verhörraum“ oder einer „Anklagebank“ gleiche. Eine Abstimmung unter den Lesern von oe24.at mit enormer Beteiligung endete in einer Niederlage für Wolf, denn die Mehrheit der Teilnehmer empfindet seine Interviews als "arrogant und respektlos".

Skandal bei ÖH-Diskussion: Wolf nennt RFS-Kandidaten „Opfer“

Anstatt sich zurückzunehmen, leistete sich Wolf als Diskussionsleiter der „Elefantenrunde“ für die Wahl der Österreichischen Hochschülerschaft erneut einen schweren Ausrutscher, indem er den RFS-Kandidaten Felix Mayrbäurl gleich nach der Vorstellungsrunde in einer extrem untergriffig formulierten Frage als „Opfer“ bezeichnete. Der RFS verbreitete das Video und beseitigte somit bei allen Betrachtern die letzten Zweifel an Wolfs politischer Schlagseite.

Verteidigung durch Kanzler erhärtet Verdacht der politischen Schlagseite

Dass Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) jede Kritik an der Interviewführung von Wolf zurückweist und diese als „natürlich harte Interviews“ bezeichnet, spricht auch nicht gerade für die Objektivität des ORF-Moderators, der – so macht es den Eindruck – je nach Sympathie und Parteizugehörigkeit der jeweiligen Interviewpartner seine „Härte“ abstimmt.

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