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Für Christian Kern ist Politik zu 95 Prozent Inszenierung – Können Sengl und Silberstein das im Wahlkampf noch weiter steigern?

12. Juni 2017 / 17:00 Uhr

Sengl und Silberstein: Diese Spin-Doktoren führen die Kern-SPÖ in den Wahlkampf

Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass die SPÖ den PR-Berater Stefan Sengl als „Wahlkampfstrategen“ verpflichtet hat. Schon länger lässt sich  Bundeskanzler Christian Kern als SPÖ-Vorsitzender von dem aus Israel stammenden Tal Silberstein beraten. Dieser gilt als „Kampagnenprofi“ und arbeitete bereits für den ehemaligen sozialistischen Premierminister seiner Heimat, Ehud Barak, aber auch für die politisch eher rechts einzuordnende ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko.

Rumänischer Haftbefehl gegen Kern-Berater?

Bei einem Engagement in Rumänien wurde Silberstein hingegen weniger als Berater denn als „Geschäftsmann“ auffällig. Sein Engagement am Immobiliensektor zog jedoch Korruptionsvorwürfe und angeblich sogar einen Haftbefehl gegen ihn und zwei seiner Kompagnons nach sich. Und hier schließt sich ein Kreis mit Stefan Sengl in einem der wohl absurdesten Fälle, welche die heimische Justiz – konkret das Wiener Handelsgericht – in den letzten Jahren zu verhandeln hatte.

Die Geschichte lief so: Als Berater Kerns genießt Silberstein den Schutz der heimischen Mainstream-Presse und so war es unzensuriert vorbehalten, über die schweren Vorwürfe aus Rumänien zu berichten. Die ÖVP verarbeitete unsere Enthüllungen in einer parlamentarischen Anfrage, was zu erheblicher Aufregung im linken Sektor führte. Einer, der sich besonders echauffierte, war Stefan Sengl.

Sengl schimpft völlig hemmunglos über unzensuriert

„Auf Basis eines rechtsextremen Propagandamediums eine parlamentarische Anfrage zu inszenieren, um einen jüdischen Berater zu diskreditieren“, beleidigte er unzensuriert in einem unvollständigen Satz, um in einer folgenden Twitter-Diskussion mit Verweis auf Leserkommentare unter unserem Artikel nachzusetzen, „die Antisemiten“ hätten „die Botschaft verstanden“. Angesichts des Umstandes, dass sich bei unserer Prüfung der Leserkommentare keinerlei Antisemitismus entdecken ließ, bezeichneten wir Sengl via Twitter als „Lügner“.

Sengl fühlt sich als Experte und nicht als politischer Akteur

Anstatt es bei den ausgetauschten Freundlichkeiten („rechtsextremes Propagandamedium“ versus „Lügner“) zu belassen, lief Sengl zu Gericht und jammerte – beziehungsweise klagte. Er sei – obwohl bereits 2004 und 2010 Kampagnenleiter von Ex-Bundespräsident Heinz Fischer – keine „öffentliche Figur“. Wenn er in Medien auftrete, dann deshalb, weil er von diesen „als Experte“ interviewt werde, nicht als „politischer Akteur“. Und deshalb sei auch der Vorwurf der Lüge so rufschädigend für ihn, denn er sei geeignet, seiner Reputation als Experte und damit seinem beruflichen Erfolg zu schaden.

Sengls Anwalt schoss parteiintern als Erster gegen Faymann

Vertreten wurde Sengl in dem Verfahren vom Rechtsanwalt Michael Pilz, der 2015 die SPÖ-interne Revolte gegen Werner Faymann mit einer Online-Initiative vom Zaun brach. Er setzte sozusagen den Startschuss dafür, dass Kern am Ende übernehmen und in weiterer Folge seinem Mandanten Sengl einen lukrativen Job anbieten konnte.

Justiz grotesk: Richterin schrieb 15 Seiten langes Urteil

In Kenntnis des heimischen Justizsystems darf es nicht verwundern, dass Richterin Hildegard Brunner die Causa mit besonderer Akribie zelebrierte und dazu ein 15-seitiges Urteil ausfertigte. Selbstverständlich wurden wir verurteilt. Wir müssen nun zwei Monate lang folgenden „angehefteten Tweet“ auf Twitter präsentieren:

Diese Form der Urteilsveröffentlichung hat uns viel Aufmerksamkeit der linken Twitteria und zahlreiche neue Follower eingebracht. 75 Retweets und 50 Herzen haben wir damit eingesammelt. Für viele war es ein erster zarter Versuch, sich mit politischen Ansichten abseits der eigenen Blase auseinander zu setzen. Eine gute Sache also.

Hoffentlich vertragen sich die beiden Strategen…

Und für Stefan Sengl gewiss eine vertrauensbildende Maßnahme im neuen beruflichen Umfeld. Vielleicht nimmt ihn Tal Silberstein jetzt nicht als unerwünschten Konkurrenten, sondern als treuen Waffenbruder wahr. Es soll ja in der SPÖ in letzter Zeit durchaus nicht ungefährlich sein, unterschiedliche Meinungen über die Wahlkampf-Strategie zu haben…

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