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72 Jahre nach Ende des Krieges: Obwohl Polen schon genug kassiert hat, will es immer mehr.

16. August 2017 / 08:23 Uhr

Zweiter Weltkrieg: Polen fordert wieder einmal Geld von Deutschland

Mehr als 72 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg fordert die polnische Regierung wieder Reparationszahlungen von Berlin. Der wissenschaftliche Dienst im polnischen Parlament untersucht aktuell, welche rechtlichen Möglichkeiten die polnische Regierung ergreifen könne, um erneut an Geld aus Deutschland für Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg heranzukommen.

74,5 Milliarden Euro an Reparationen bis jetzt ausbezahlt

Die Bundesrepublik Deutschland zahlte bisher insgesamt rund 74,5 Milliarden Euro an Reparationen aus. Darin eingerechnet sind weder die Demontagen, die erzwungenen Kohle- und Holzexporte, die Enteignungen von deutschem Eigentum im In- und Ausland noch die Tatsache, dass laut Grundgesetz (Artikel 120) „der Bund die Aufwendungen für die Besatzungskosten“ trägt. Jährlich zahlt die BRDeutschland rund 1 Milliarde unter dem Titel „Wiedergutmachung“, zuletzt 2016 gut 1, 09 Milliarden Euro.

Polens Ansprüche bis heute "zurückgestellt"

1949 kam es zu vertraglichen Regelungen in Sachen „Wiedergutmachung“ für den Zweiten Weltkrieg. Alles davor wurde ausgeblendet. Das Londoner Schuldenabkommen von 1953 ergänzte diese Vereinbarung und erklärte in Artikel 5 Absatz 2, dass die Prüfung der aus dem Krieg herrührenden Forderungen der ehemaligen Kriegsgegner und der von Deutschland besetzten Staaten und von deren Staatsangehörigen „bis zur endgültigen Regelung der Reparationsfrage zurückgestellt“ werde.

Deutschland musste bis 2010 für Ersten Weltkrieg zahlen

Das bedeutet, dass die Frage der Reparationen erst durch einen Friedensvertrag zwischen den Siegern und Verlierern des Zweiten Weltkriegs geregelt wird. Diesen gibt es bis heute nicht. Folglich auch keine Grundlage für Reparationsforderungen. Dennoch laufen jährlich enorme Zahlungen (siehe oben), deren Ende nicht absehbar ist (trotz Friedensvertrags liefen die Reparationszahlungen aus dem Ersten Weltkrieg bis 2010).

Polen verzichtete bereits 1954 auf weitere Reparationszahlungen

Polen hatte sechs Monate nach dem Londoner Schuldenabkommen offiziell auf Reparationszahlungen aus Deutschland verzichtet, zumal schon das Potsdamer Abkommen von 1945 festlegte: „Die UdSSR wird die Reparationsansprüche Polens aus ihrem eigenen Anteil an den Reparationen befriedigen.“ In einer Erklärung der polnischen Regierung hieß es damals: „Mit Rücksicht darauf, dass Deutschland seinen Verpflichtungen zur Zahlung von Reparationen bereits in bedeutendem Maße nachgekommen ist und dass die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage Deutschlands im Interesse seiner friedlichen Entwicklung liegt, hat die Regierung der Volksrepublik Polen den Beschluss gefasst, mit Wirkung vom 1. Januar 1954 auf die Zahlung von Reparationen an Polen zu verzichten.“

Ewige Abkassiererei hat endlich ein Ende

Am Rande der Beratungen über den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991 einigten sich Deutschland und Polen auf weitere Zahlungen. Dafür wurde eigens die Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“ in Warschau gegründet. Über sie flossen zunächst 500 Millionen DM nach Polen, später weitere Zahlungen in Höhe von fast zwei Milliarden DM an noch lebende ehemalige polnische Zwangsarbeiter.

Dennoch verlangte 2004 der Sejm von der polnischen Regierung, Entschädigungszahlungen von der Bundesrepublik zu fordern. Die damalige Regierung lehnte dies ab, und der polnische Botschafter Andrzej Byrt erklärte: „Die polnische Regierung hält die Frage von Reparationen für erledigt“.

Polnische Regierung auf Konfrontationskurs mit Berlin

Doch 13 Jahre später weiß man davon nichts mehr in Warschau. PiS-Politiker hatten die Reparationszahlungen immer wieder thematisiert, nun machen sie Nägel mit Köpfen. PiS-Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski erklärte, die polnische Regierung bereite sich auf eine „historische Gegenoffensive“ vor: „Wir sprechen hier von großen Summen und über die Tatsache, dass Deutschland sich seit vielen Jahren weigere, Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg zu übernehmen“, sagt Kaczynski in einem Interview mit Radio Maryja.

Kein Wort über 18 Millionen deutsche Vertriebene

In PiS-Kreisen gibt es Berechnungen für die Forderungen, die sich auf 845 bis 1.800 Milliarden Euro belaufen. Das polnische Wochenmagazin Sieci titelte in seiner Ausgabe vom 10. August: „6 Milliarden Dollar schulden uns die Deutschen für den Horror des Krieges“. Die Titelseite zeigt ein großes Bild von Hitler, daneben das brennende Warschauer Königsschloss und deutsche Soldaten.

Kein Wort in den Medien über die Verluste an Menschenleben, an Land und an Sachwerten, die die rund 18 Millionen deutschen Vertriebenen aus den Ostgebieten zu Kriegsende und danach zurückgelassen haben!

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Zunächst war das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung für 11. August angekündigt gewesen. Nun wurde dieser Termin storniert – der wissenschaftliche Dienst im polnischen Parlament brauche mehr Zeit, da „die Materie komplex und kompliziert“ sei. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis Polen mit seinen Forderungen an Berlin an die Öffentlichkeit tritt.

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