… An dem Laufe eines frischen Waldwassers, das so klar wie flüssiges Glas unter naßgrünen Erlengebüschen hervorschießt, führt ein gewundenes Thal entlang, und in dem Thale geht heutzutage ein reinlicher Weg gegen das Holzdorf Hirschbergen, das seine malerischen hölzernen Waldhäuser zu beiden Seiten des Baches auf die Abhänge herumgestreut hat. Diese Abhänge prangen mit Matten der schönsten Bergkräuter, und mit mancher Herde, deren Geläute mit einzelnen Klängen sanft emporschlägt zu der oben harrenden Stille der Wälder …
Adalbert Stifter – Aus „Der Hochwald“
Nach Josef Weinheber rufen wir mit Adalbert Stifter einen weiteren bedeutenden heimischen Schriftsteller in Erinnerung, der die deutsche Literatur maßgeblich bereichert hat.
Ein vielseitig begabter Künstler
Der im Jahr 1805 in Oberplan (Böhmen) geborene Schriftsteller und Maler Adalbert Stifter gilt als einer der bedeutendsten Autoren des Biedermeier. Viele seiner Gedichte und Erzählungen sind von seiner Verbundenheit mit der Natur und auch seiner Heimat, hier insbesondere dem Böhmerwald und dem Mühlviertel, gekennzeichnet. Beinahe akribisch gelang es ihm, die Schönheit der Natur meisterhaft in Worte zu fassen. Zu den Bewunderern von Stifters Erzählkunst zählten unter anderen Friedrich Nietzsche und Karl Kraus.
Adalbert Stifters künstlerische Begabung beschränkte sich nicht nur auf die Schriftstellerei. Schon als Schüler entdeckte er seine Leidenschaft für die Malerei. Bevor er sich vollständig der Literatur zuwandte, verstand Stifter sich als Landschaftsmaler und erschuf zahlreiche sehenswerte Aquarelle.
Politisch stand Stifter der revolutionären Bewegung von 1848 nahe und fungierte auch als Wahlmann für die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt am Main.
Autor zahlreicher Erzählungen, Romane und Essays
Die literarische Hinterlassenschaft Adalbert Stifters ist umfangreich und ein wertvoller Bestandteil unserer heimischen Kultur. Zu seinen bekanntesten Werken ist die Erzählung „Bergkristall“ zu zählen. Darin erzählt er die Geschichte der beiden Kinder des Dorfschusters, Konrad und Sanna, die sich in einer Weihnachtsnacht in den verschneiten Bergen oberhalb des österreichischen Alpendorfs Gschaid verirren. Die vereinte Suche führt zur Rettung der Vermissten und zu neuer Gemeinschaft innerhalb der Familie und unter den Dorfbewohnern. Ihre Bekanntheit über die Grenzen der Literaturfreunde hinaus verdankt die Erzählung vor allem ihrer Verfilmung durch den Regisseur Josef Vilsmeier im Jahr 2005.
Weiters hervorzuheben sind der Roman „Nachsommer“, der zu bedeutendsten Bildungsromanen des 19. Jahrhunderts zu zählen ist sowie der dreibändige historische Roman „Witiko“, der sich mit der Gründung des Adelsgeschlechtes der Witigonen befasst. Die im Böhmerwald gelegene Burgruine Wittinghausen hat Stifter auch in einem seiner Aquarelle bildlich dargestellt.
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