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“Überführt – Spektakuläre Fälle der Kriminaltechnik”: Ein Sachbuch mit vielen weitgehend unbekannten Fakten, das sich wie ein Krimi liest.

22. September 2017 / 17:30 Uhr

Wie Professor Börne & Co. wirklich arbeiten – die harte Realität der Kriminaltechnik

In TV-Krimis sind sie meist eher Statisten, die Kriminaltechniker in den weißen Raumfahrer-Anzügen – nur hin und wieder übermitteln sie, meist telefonisch, oft entscheidende Hinweise auf den oder die Täter. Amerikanische TV-Serien wie CSI oder "Crossing Jordan" befassen sich in jüngerer Zeit zwar verstärkt mit den technisch-wissenschaftlichen Hintergründen der Kriminalistik, liefern aber leider vielfach Klischees oder Wunschphantasien der jeweiligen Produzenten. Die im Film gezeigten weltweiten Datenbanken etwa gibt es so nicht, und auch ein bundesweiter Fingerabdruck-Abgleich kann nicht einfach mittels Scan in wenigen Sekunden erstellt werden. Und vor allem: Kriminaltechniker sind keine Kriminalisten. Den wild ermittelnden Professor K.F. Börne, so originell er ist, gibt es nur im „Tatort“.

Autor arbeitete eng mit dem Bayerischen Landeskriminalamt zusammen

Das durchaus Krimi-taugliche Sachbuch „Überführt“ entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landeskriminalamt (BLK) und zeigt anhand realer Beispiele, was die heutige Kriminaltechnik kann – und was sie nicht kann. Nur wenige wissen, welche Spezialisten da im Hintergrund am Münchener Kriminaltechnischen Institut in sechs Abteiliungen, 15 Dezernaten und 72 Sachgebieten am Werk sind, um jede noch so kleine Spur zum Täter auszuwerten.

Weiße Laborkittel statt martialische Uniformen

Doch martialische Uniformen, Schutzwesten, Waffen oder Handschellen sucht man hier weitgehend vergeblich. Es sind durchwegs Wissenschaftler in weißen Laborkitteln oder in Zivil, die am Institut tätig sind, etwa Chemiker, IT-Experten, Phonetiker, Forensiker, Experten für Handschriften, Urkunden, Papier, Waffen, Formspuren, DNS-Analytik, Physik, Fototechnik oder Wirtschaftsdelikte, insgesamt 400, die pro Jahr rund 200.000 Einzelanalysen durchführen.

Keine Gefälligkeits-Gutachten für Ermittler

Trotz ihrer Zugehörigkeit zum BLK sind sie weisungsfrei und unabhängig und liefern absolut wertfreie Gutachten. Nicht zuletzt deshalb, weil die von den Kriminalisten eingeschickten Spuren oder Proben in der Regel weder Namen noch sonstige Hinweise darauf tragen, in welchem Zusammenhang die jeweilige Spur zum Tathergang steht. So kann eine DNS-Analyse einen Täter sowohl ent- als auch belasten – die Wissenschaftler wissen es nicht, sie liefern einfach gerichtsverwertbare Gutachten.

Echte Fälle, die schlimmer als die im "Tatort" sind

Neben dieser realistischen und teils desillusionierenden Definition kriminaltechnischer Alltagsarbeit befasst sich das Buch ausführlich mit echten Fällen, die durch exakte Spurenauswertung gelöst werden konnten. Und dafür braucht man teils schon einen guten Magen. Verbrecher halten sich halt leider selten an westeuropäische Ethikbegriffe, zumal sie ja immer öfter gar nicht aus diesem Kulturkreis kommen. Wie sooft im Leben, gebiert die Realität viel schlimmere Alpträume als die Fiktion.

Aufräumen mit Klischees und Vorurteilen

Insgesamt ein spannendes und informatives Werk, das mit vielen Klischees und Vorurteilen aufräumt, aber auch zeigt, wie weit die Kriminaltechnik bereits ist – selbst wenn es in manchen Fällen erst Jahre später gelingt, einen Täter zu überführen. Denn bei aller Wissenschaft – ein wenig Glück gehört auch hier dazu.

Guido Limmer. Überführt – Spektakuläre Fälle der Kriminaltechnik. Das Buch kann zum Preis von 20,60 Euro bei der Buchhandlung Stöhr bezogen werden.

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