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Barcelona: 57 Prozent der Bürger beteiligten sich gar nicht am Referendum – und ohne Deutschlands Anerkennung wird es für die Unabhängikeitsbewegung schwer.

9. Oktober 2017 / 08:14 Uhr

Katalonien: Berlin verweigert Vermittlerrolle

Auf der Bundespressekonferenz am 4. Oktober mit Regierungssprecher Steffen Seibert wurde das mit Polizeigewalt unterdrückte Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien thematisiert. Doch dieser fand trotz beharrlicher Nachfragen der Journalisten nicht irgendein kritisches Wort zum Vorgehen der spanischen Polizei am Tag des katalanischen Referendums. Im Gegenteil, er erklärte:

Wir haben großes Interesse an der Stabilität Spaniens, und deshalb ist es wichtig, dass in allem, was jetzt dort politisch geschieht, die Rechtsstaatlichkeit eingehalten wird. Es ist die Aufgabe der spanischen Regierung, die Verfassungsordnung aufrechtzuerhalten. Nach unserer festen Überzeugung handelt es sich um eine innerspanische Angelegenheit.

Freibrief für Madrid

Diese wenigen Worte sind ein Freibrief für Madrid. Damit hat sich die wichtigste Stimme in der EU hinter die Rajoy-Regierung gestellt.

Berlin hätte das Gewicht, Katalonien zu unterstützen oder zumindest als ehrlicher Vermittler aufzutreten. Frankreich, Italien und Großbritannien werden sich hüten, haben sie doch selber Sezessionsprobleme oder zumindest Angst vor schlafenden Löwen. Auch italienische Journalisten hüten sich in diesen Tagen bei Auflistungen von Sezessions-Bestrebungen Südtirol zu erwähnen.

Die Bundesrepublik Deutschland, nach dem letzten Krieg auf eine historisch kleinste Fläche zusammengestutzt, ist das einzige Land Europas, das kein Sezessionsproblem hat. Die beste Voraussetzung für die größte EU-Macht, als ehrlicher Vermittler zu handeln. Doch Seibert betonte: Die Bundeskanzlerin strebe “keine Vermittlungsmission” an.

Katalonien und Südtirol: Gleiche Ziele

Ungeachtet dessen erfahren die Katalonen europaweit Unterstützung. So am 8. Oktober bei einer Brennerkundgebung der Süd-Tiroler Freiheit. In ihren Reden unterstrichen die Landtagsabgeordneten der Süd-Tiroler Freiheit, Sven Knoll, Myriam Atz Tammerle und Bernhard Zimmerhofer sowie die ehemalige Landtagsabgeordnete Eva Klotz den Vorbildcharakter Kataloniens: “Der Freiheitswille der Katalanen ist nicht mehr zu brechen. Die Katalanen sind mit ihrer Forderung nach Unabhängigkeit nicht alleine. Obwohl sie eine weitreichendere Autonomie als Südtirol haben, streben sie nach der Loslösung von Spanien. Denn sowohl für Südtirol als auch für Katalonien gilt: Eine sichere und freie Zukunft wird es im fremden Zentralstaat niemals geben!”

Gegner der Unabhängigkeit melden sich deutlich zu Wort

Allerdings meldete sich am Sonntag in Barcelona auch die Gegenseite deutlich zu Wort, wie etwa Spiegel online berichtet: Etliche tausend Gegner der Unabhängigkeitsbestrebungen gingen am Sonntag auf die Straße und demonstrierten für das Verbleiben Kataloniens bei Spanien – darunter auch zahlreiche Franco-Sympathisanten. Tatsächlich hatten beim Referendum über die Unabhängigkeit zwar 90 Prozent für die Abspaltung gestimmt, die Wahlbeteiligung lag aber nur bei eher schwachen 43 Prozent.

 

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