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Milliarden Euro an Abgaben entgehen den EU-Staaten, weil die Zölle auf Waren aus Drittstaaten mangelhaft eingehoben werden, kritisiert der EU-Rechnungshof.

9. Dezember 2017 / 11:13 Uhr

Verluste in Milliardenhöhe, weil EU-Zollkontrollen mangelhaft sind

Ein vernichtendes Zeugnis kommt vom EU-Rechnungshof in Sachen Zollkontrollen. Schwerwiegende Mängel stellt ein Bericht fest, den einzelnen EU-Staaten würden Milliarden Euro an Einnahmen durch Zollabgaben entgehen. Geprüft wurden fünf EU-Staaten: Spanien, Italien, Polen, Rumänien sowier das – bald nicht mehr der EU angehörende – Großbritannien, das zwischen dem Zeitraum 2013 bis 2016 um fast zwei Milliarden Euro mehr an Zoll hätte einnehmen können.

Zwar gibt es innerhalb der EU einen freien Warenverkehr. Doch Waren, die von außerhalb der Europäischen Union in einen Mitgliedstaat der EU eingeführt werden, unterliegen Zollkontrollen, bevor sie zum zollrechtlich freien Verkehr in der EU überlassen werden. Einführer können ihre Zollschuld jedoch vorsätzlich verringern oder hinterziehen, etwa indem sie den Wert ihrer Waren zu niedrig angeben, ein falsches Ursprungsland angeben oder die Waren falsch einreihen, um einen niedrigeren Zollsatz zu erhalten, heißt es im Rechnungshof-Bericht.

Dubios: Wer Zollkontrollen macht, riskiert finanzielle Folgen

Die Anreize für Mitgliedstaaten, Zollkontrollen durchzuführen, reichten nicht aus, so die Prüfer. Diejenigen, die Zollkontrollen durchführen, bei der Nacherhebung von EU-Einnahmeausfällen jedoch keinen Erfolg haben, riskieren sogar finanzielle Folgen, wohingegen diejenigen, die keine derartigen Kontrollen durchführen ? also Waren bewusst durchwinken lassen ? diesem Risiko möglicherweise nicht ausgesetzt sind. Darüber hinaus gibt es in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Einfuhrkontrolle einige Schlupflöcher. Im Folgenden sind einige Beispiele aufgeführt:

Waren aus China quer durch Europa

Die Prüfer stellten fest, dass die Tatsache, dass im Vereinigten Königreich keine Garantien gefordert werden, dazu geführt hat, dass deutlich unterbewertete chinesische Waren im Vereinigten Königreich abgefertigt und dann zurück nach Kontinentaleuropa transportiert werden. Unterbewertete chinesische Textilien und Schuhe wurden von Hamburg nach Dover versandt, wo sie ohne Kontrollen zum Zeitpunkt der Überlassung der Waren in den Verkehr in der EU übergeführt wurden; danach wurden sie zurück nach Polen oder in die Slowakei befördert. Eine gemeinsame Aktion des französischen Zolls und der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF bestätigte, dass dieser Betrug durch Unterbewertung hauptsächlich im Vereinigten Königreich stattfand und noch weiter dadurch verschlimmert wurde, dass in den Bestimmungsmitgliedstaaten keine Mehrwertsteuer gezahlt wurde. Der auf gefälschten Rechnungen angegebene Wert lag 5 bis 10 mal unter dem tatsächlichen Wert. Laut OLAF hätten die vom Vereinigten Königreich im Zeitraum 2013 – 2016 bereitgestellten Zollabgaben um fast 2 Milliarden Euro höher sein sollen.

Ursprung und Wert von Waren werden verschleiert

Der wahre Ursprung der Waren kann durch eine betrügerische Umladung in einem Land verschleiert werden, in dem die Waren zunächst vorübergehend gelagert und dann mit gefälschten Unterlagen in die EU versandt werden. Die Prüfer stießen auf mehrere Unternehmen, die diese Art von Betrug im Internet anbieten.

Waren, deren Wert eine bestimmte Höhe nicht erreicht, sind von Zollabgaben befreit. Wie die Prüfer jedoch feststellten, führte ein Mangel an Kontrollen dazu, dass Zölle in zu geringer Höhe für Waren gezahlt wurden, die online von außerhalb der EU erworben wurden. Den Prüfern zufolge machen mehrere Kurierdienste missbräuchlichen Gebrauch von dieser Ausnahmeregelung.

Nur Rückmeldesystem hilft

In seiner Pressemitteilung schlägt der EU-Rechnungshof zahlreiche Maßnahmen vor. Unzensuriert befragte dazu einen Insider aus der österreichischen Finanzverwaltung, der dazu angab, dass man damit nur die kleinen Fische fangen würde.

Aus seiner Sicht bräuchte es ? vereinfacht ausgedrückt ? ein Rückmeldesystem für die Umsatzteuer, das entweder elektronisch oder mit Rückmeldungen auf Papier mit Behördenstempel installiert werden müsste. Konkret bräuchte es pro Lieferung ein Formular in dreifacher Ausfertigung. Eines bleibt beim Absender, zwei gehen zum Finanzamt im Bestimmungsland und davon eines mit Bestätigung zurück an den Absender. Das heißt etwa: Wird an der ungarischen Grenze eine Ware verzollt, die in Österreich verkauft werden soll, fertigt Ungarn drei Formulare an. Zwei davon gehen nach Österreich. Kommt in Österreich die Ware an, so wird das dritte Formular wieder an den Zoll oder die Finanz nach Ungarn geschickt.

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